Die Fechter wollen aus dem Schatten

Am Sonnabend beginnen in Leipzig die Europameisterschaften

  • Dietmar Fuchs, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Olympiasiegerin Britta Heidemann ist in der medialen Präsenz die einzige Konstante, der Rest der deutschen Fechter lebt eher im Verborgenen. Leipzig und die Europameisterschaften (17. bis 22. Juli) sind eine Chance für den Deutschen Fechter-Bund, um sich neu zu positionieren.

Gordon Rapp ist Realist, gnadenloser Realist. »Es wird sich im Wesentlichen nichts ändern, wir sind zu klein, da kann man so etwas wie einen Boris-Becker-Boom nicht auslösen.« Dem Präsidenten des Deutschen Fechter-Bundes (DFeB) mit seinen 25 000 Mitgliedern ist bewusst, dass seine Organisation selbst mit einer Medaillenflut bei den Europameisterschaften in Leipzig das Dasein im medial fast Verborgenen langfristig nicht verlassen wird.

Eine Million Euro – diesen immensen Finanzbedarf nennt Rapp, wenn er darüber sinniert, den DFeB in Sachen Vermarktung, Kommunikation und Präsentation so massiv umzugestalten, dass dauerhaft deutlich mehr Bares in die Verbandskasse kommt. »Wir sind, was diesen Bereich angeht, leider klamm«, sagt Sven Ressel, der im DFeB für Kommunikation und Koordination verantwortlich ist.

Dabei hat der DFeB immerhin Protagonisten wie die Olympiasieger Britta Heidemann und Benjamin Kleibrink oder Ex-Weltmeister Peter Joppich zu bieten. Doch eine auch finanziell spürbare Aufwertung der Dachorganisation verursachten die beiden Goldmedaillen von Peking 2008 nicht. »Britta hat den Schwung mitgenommen, über ihren eigenen Namen, über ihre eigene Art, sich zu präsentieren«, sagt Rapp. Erst am Mittwoch verlängerte die 27-Jährige einen Sponsoringvertrag mit einem Finanzdienstleister bis 2012.

Den 53 Jahre alten Rapp juckt es schon, so zu investieren, dass Vermarktung und Medienpräsenz vehement nach oben schnellen: »Aber bei uns ist es wie bei den Modernen Fünfkämpfern oder den Gewichthebern.« Dies seien kleine Verbände, die ebenfalls von Einzelkönnern wie Lena Schöneborn oder Matthias Steiner leben, im Kampf um die Fleischtöpfe der Sponsoren aber nicht ausreichend profitieren. Rapp: »Da müsste sich schon das gesamte Marketingsystem des deutschen Sports komplett verändern.«

Also bleibt das Nischendasein. »Und diese gewisse Nische werden wir Fechter immer besetzen können, weil wir einen faszinierenden Sport betreiben, in dem auch noch sehr ritterliche Umgangsformen herrschen.« Bei der EM in Leipzig sollen die Interessierten »Fechten fühlen«, sagt Rapp. Ein Info-Mobil hat zwischen März und Juli 12 000 Kilometer zurückgelegt, um für das Championat zu werben und Menschen für den Sport neu oder wieder zu begeistern.

Der EM-Etat beträgt knapp 600 000 Euro, und Rapp vernimmt es mit Erleichterung, dass ARD und ZDF am Samstag und Sonntag ausführlich aus der Leipziger Arena berichten wollen. »Das ist ein kleiner Mosaikstein. Und wenn mehr hinzukommen, werden sie uns stückweise vorantragen«, hofft der DFeB-Chef trotz aller Zurückhaltung auf den Effekt einer gewissen Nachhaltigkeit. »Wir tun dafür alles, was wir können«, verspricht Rapp.

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