Bewährungsprobe für Barack Obama

USA-Präsident unter Erfolgsdruck

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

George Mitchell ist ein Optimist. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu seien sich der Gelegenheit sehr wohl bewusst, jetzt einen umfassenden Frieden in der Region schaffen zu können, so der US-Sondergesandte für den Nahen Osten. Die Washingtoner Regierung hat Israelis und Palästinenser gestern aufgefordert, auch nach dem Anschlag im Westjordanland mit vier Toten an den Verhandlungen festzuhalten. »Sie wissen um den seltenen Moment, eine Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen«, ist sich Mitchell sicher, »und darum, dass die Alternativen zum Frieden für ihre Gesellschaften künftig viel größere Probleme aufwerfen würden.« Auch für die USA, für die die Region von großer geostrategischer Bedeutung ist.

Seit Mai hat Washingtons Emissär in indirekten Gesprächen zäh zwischen beiden Seiten vermittelt und die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen nach 20 Monaten Pause angebahnt. Für den neuen Mann im Weißen Haus war das Nahostproblem vom ersten Amtstag an ein außenpolitischer Schwerpunkt. Aber derart schwierig hatte sich Barack Obama die Lösungssuche wohl nicht vorgestellt. So ließ ihn Israel schon desavouierend abblitzen, als er einen vollständigen Baustopp in den Siedlungen im Westjordanland forderte. »Ich glaube, wir haben unsere Fähigkeiten überschätzt«, meinte er Anfang des Jahres in einem Interview des Nachrichtenmagazins »Time« und bedauerte, vielleicht zu hohe Erwartungen geweckt zu haben.

Seine Vorgänger waren immer wieder beim Versuch einer dauerhaften Beilegung des Konflikts gescheitert. Auch George W. Bush, der eigentlich noch vor Ablauf seiner Amtszeit die Gründung eines palästinensischen Staates angestrebt hatte – aber Yasser Arafat nicht als Gesprächspartner anerkennen wollte. Seine Roadmap, ein dreistufiger Nahostfriedensplan, wurde nie umgesetzt. Nicht zuletzt, weil die USA als wichtigster Bündnispartner für Israel letztlich immer Partei waren. Auch jetzt wieder gebe es »keine Anzeichen dafür, dass die Regierung willens ist, bedeutenden Druck auf Israel auszuüben«, kritisiert Stephen Walt, Politikprofessor an der Harvard University. Nicht wenige Experten bezweifeln, dass Obama mit Blick auf die Wahlen riskieren wird, pro-israelische Gruppierungen in den USA dauerhaft zu verärgern.

So sind Beobachter auch skeptisch, wenn seine Regierung nun binnen eines Jahres eine Einigung erzielen will. Wenn jetzt schon das Zustandekommen des Gipfels in Washington als Erfolg für Präsident Obama gewertet wird, demonstriere das, wie gering die Erwartungen wohl seien, meint auch Thomas Mann vom Brookings-Institut in Washington.

Robert Danin vom Council on Foreign Relations vermisst, was sich Mitchell erhofft – eine tatsächliche Bereitschaft zu Kompromissen. Dafür haben Israelis wie Palästinenser diverse Bedingungen für die Verhandlungen gestellt. »Weiß Obama wirklich, worauf er sich da eingelassen hat?«, fragt sich denn auch Aaron David Miller vom Woodrow Wilson International Center. Schließlich müsse er die ganze Zeit direkt und aktiv in die Verhandlungen involviert sein, um sie zum Erfolg führen zu können, wie Politikprofessor Alon Ben-Meir von der New York University meint. George Mitchell versicherte, dass die USA auch bei den kommenden Gesprächen dabei sein würden, wann immer es notwendig sei. Zugleich ermutigte er die Konfliktparteien, sich in regelmäßigen Abständen auch ohne Washingtoner Aufsicht zu treffen.

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