Wieder mehr Politik wagen

Die Linkspartei in Rheinland-Pfalz will wieder zusammenrücken und zurück zur Sacharbeit

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein gutes halbes Jahr vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz ist die dortige LINKE bemüht, sich nach den innerparteilichen Auseinandersetzungen der letzten Monate wieder in Ruhe auf politische Inhalte zu konzentrieren.

Nach einem von persönlichen Auseinandersetzungen geprägten »heißen Sommer« wenden sich maßgebliche Akteure der rheinland-pfälzischen LINKEN jetzt wieder mehr politischen Inhalten statt Personaldebatten zu und suchen den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. So werden die Spitzenkandidaten der Partei für die kommende Landtagswahl, Robert Drumm und Tanja Krauth, heute in Luxemburg an einer gewerkschaftlichen Protestaktion gegen Sozialabbau im Großherzogtum teilnehmen, der auch rund 25 000 Tagespendler aus dem nahen Rheinland-Pfalz hart trifft.

Dieser Tage bekräftigten die Vertreter von 15 Kreis- und Stadtverbänden bei einer Zusammenkunft in Oppenheim am Rhein in ihrer »Oppenheimer Erklärung« die Zielsetzung, die innerparteiliche Debatte um ein »zukunftsfähiges Landtagswahlprogramm« gemeinsam voranzubringen. Das Papier enthält bekannte linke Mindestforderungen und soll den Blick der Aktiven wieder auf die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner richten. Dass in Parteien gestritten werde, sei »normal«, erklärte der Mainzer Stadtverbandsvorsitzende Hermann Stauffer: »Wichtig ist nur, dass wir nun wieder zusammenrücken.«

Von einem »historischen« Basistreffen sprach der gastgebende Vorsitzende im Kreis Mainz-Bingen, Rainer Püschel. Erstmals sei es gelungen, über Grenzen und Abgrenzungen innerparteilicher Gruppierungen hinaus Aktive an einen Tisch zu bringen und sich »fair und demokratisch« auf gemeinsame politische Inhalte zu einigen.

Gut ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 27. März 2011 hoffen die Initiatoren des Appells, die Landespartei so weit beruhigen und befrieden zu können, dass sie mit voller Kraft um den Einzug in den Mainzer Landtag kämpft. Rheinland-Pfalz ist neben Baden-Württemberg und Bayern das letzte Bundesland ohne Linksfraktion.

Die jüngsten Konflikte im Landesverband waren offen zu Tage getreten, nachdem der bisherige Landeschef und Bundestagsabgeordnete Alexander Ulrich Ende Juni aus Protest gegen die Zusammensetzung der Landesliste für die Landtagswahl seinen Rücktritt erklärt und heftige Vorwürfe gegen die weiterhin amtierende Vorsitzende Kathrin Senger-Schäfer erhoben hatte. Ulrichs unterlegener Favorit für Platz 1 der Liste und hauptamtlicher Wahlkreismitarbeiter Frank Eschrich hat inzwischen seinen Rücktritt von der Direktkandidatur im Landtagswahlkreis 48 (Pirmasens) erklärt.

Gemeinsam mit Eschrich machte sich Ulrich im Sommer für eine Neuwahl der Landesliste und eine Urabstimmung aller Mitglieder über eine Trennung von Amt und Mandat stark. Demnach sollen Abgeordnete in Land, Bund und Europa sowie hauptamtliche Mitarbeiter bei Partei, Abgeordneten und Fraktionen nicht gleichzeitig stimmberechtigte Landesvorstandsmitglieder sein können.

Damit stieß er allerdings auch bei seinen eigenen innerparteilichen Freunden auf Widerstand. »Es ist nicht einsichtig, warum Akteure, die kürzlich selbst noch Amt und Mandat auf sich vereinigten, nun eine solche Debatte vom Zaun brechen«, distanzierte sich die Strömung »Sozialistische Linke« von den neuen basisdemokratischen Tendenzen ihres Mitglieds Alexander Ulrich.

»Es wird darauf hingewirkt, dass die beabsichtigte Urabstimmung nicht stattfindet«, erklärte auch der geschäftsführende Vorstand der Bundespartei und sprach der im Juni aufgestellten Landesliste »ohne Vorbehalte« sein Vertrauen aus. Die Berliner Parteispitze möchte einen »politischen Prozess zur Aufarbeitung der aufgetretenen Konflikte« einleiten und neben der politischen Diskussion »auch eine Verständigung über die personelle Zusammensetzung des neuen Landesvorstands« herbeiführen. Sie kritisiert in einem gemeinsam mit der Spitze der Landespartei beschlossenen Sechs-Punkte-Papier Aufforderungen zum Rücktritt von Landevorstandsmitgliedern ebenso wie die von einzelnen Mitgliedern bei der Landesschiedskommission eingereichten Ausschlussanträge gegen Alexander Ulrich. Eine Neuwahl des Landesvorstands steht bei einem Landesparteitag im November auf der Tagesordnung.

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