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Ungeteilt
Klaus Joachim Herrmann über ein Gemeinschaftsgefühl
Offenbar ist jeder so viel Berliner, wie er sich fühlt. Da wären nach der jüngsten Sparkassen-Umfrage etwa die Hälfte der Hauptstadt-Einwohner so eine Art ungeteilte Gesamtberliner. Diese erklären sich zum Berliner, nicht wie die Resthälfte zum Ost- oder Westberliner. Ein solches Gefühl der Zugehörigkeit oder des Fremdelns sollte durchaus jedem unbenommen sein. Der Berliner teilt sich ja ohnehin auch noch nach Friedrichshainern oder Zehlendorfern usw, nach Kiezen sowieso.
Woran sich jede der drei Einordnungen festmacht, bleibt das Geheimnis der Befragten. Es geht schließlich um ein Gefühl, der Wohnort allein macht's nicht. Mag da jeder für sich sprechen und von der Einordnung in Lager verschont bleiben. Denn das Geheimnis der Fragenden bleibt, was sie hier belegen wollen – dass die Teilung andauert, dass sie überwunden ist, dass es bleibt wo, was und wie es war, dass alle gleich sind oder nicht?
Vielleicht bedarf es des Hinweises, dass Berlin wieder das ist, was es nach dem mörderischsten Krieg der Deutschen eben nicht mehr war – eine ungeteilte Stadt. Die musste nach dem Ende des Kalten Krieges in zwei Jahrzehnten zuweilen mühselig wie ein Puzzle wieder zusammengefügt werden. Nicht die Teilung war normal, die Einheit ist es. Ungeteilt – ob nun gesamt gefühlt, ob nach Ost oder West.
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