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Investmentbranche wackelt

Großer Fonds muss sich mangels Liquidität auflösen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Immobilienfonds galten ziemlich lange als besonders sichere Geldanlage auch für den »kleinen Mann« – jetzt droht vielen allerdings das Aus. Gerade traf es mit dem »DEGI Europa« einen der Riesen der Immobilienfondsbranche.

Die Finanzkrise fordert neue Opfer. Gerade wurde bekannt, dass ein großer Immobilienfonds mit einem Volumen von 1,3 Milliarden Euro aufgelöst werden muss, weil er nicht über genügend Barmittel verfügt. Rund 90 000 Anleger bangen nun um ihr Geld. Dabei galt der frühere Dresdner-Bank-Fonds »DEGI Europa« lange als »erfolgreicher Klassiker« der Finanzbranche. Doch auch andere Immobilienfonds wackeln.

»DEGI Europa« war schon 1972 von der gleichnamigen Deutschen Gesellschaft für Immobilienfonds, kurz DEGI, aufgelegt worden. Deren Geschäfte übernahm Aberdeen Asset Management 2008 von der Dresdner Bank. Kurze Zeit später, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, fror die britische Fondsgesellschaft, die über 200 Milliarden Euro verwaltet, ihren deutschen Fonds ein. Viele Anleger hatten zuvor massenhaft Geld abziehen wollen. Laut Gesetz kann ein »geschlossener« Fonds zwei Jahre lang versuchen, mit dem Verkauf von Immobilien wieder flüssig zu werden. Aberdeen gelang dies nicht. Es blieb nur die Auflösung.

Der Fall »DEGI« ist allerdings kein Einzelfall: Massenhaft zittern Sparer um ihr Geld. Es geht insgesamt um rund 88 Milliarden Euro, die alleine von deutschen Immobilienfonds verwaltet werden. Ein Dutzend Fonds verweigert in Deutschland wegen akuten Geldmangels die Rücknahme von Anteilsscheinen. »DEGI« ist nun nach dem deutlich kleineren »US-Grundinvest« der Fondsgesellschaft Kanam der zweite offene Immobilienfonds, der sogar ganz aufgibt. Gerätselt wird, ob auch ein Fonds von Morgan Stanley unmittelbar vor dem Aus steht.

Aberdeen wird versuchen, nach und nach seinen Immobilienbesitz in London, Berlin oder Madrid zu verkaufen. Das wird nicht einfach: In Spanien und Großbritannien droht nach wie vor das Platzen einer Immobilienblase. In Deutschland sind zwar die Preise vergleichsweise niedrig, doch zu viele Häuser und Bürotürme stehen leer. So haben die DEGI-Immobilien laut Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) 2010 schon um 23,7 Prozent an Wert verloren.

Halbjährlich will Aberdeen bis 2013 Geld an seine Anleger zurückzahlen. Eine erste größere Tranche soll im Januar 2011 ausgegeben werden. Alle Anleger erhalten dann pro Anteilsschein einen bestimmten Betrag ihres Investments zurück. Wie hoch der Verlust letztlich ausfallen wird, weiß noch niemand. Die Schutzgemeinschaft SdK hat eine Plattform für Betroffene eingerichtet: Per E-Mail können sie sich unter info@sdk.org über das weitere Vorgehen informieren.

Dabei galten Immobilienfonds lange als sichere Geldanlage für den »kleinen Mann«. Die Idee dahinter: Teure Immobilien, die sich die meisten Menschen nicht leisten können, werden in einen Fonds gepackt und Anteile daran über Banken und Sparkassen verkauft. Mit 100 oder 1000 Euro Einsatz kann man so Miteigentümer eines Bürohauses oder Einkaufszentrums werden. Jahrzehntelang hat das Modell funktioniert. Bis vor Kurzem hatte nie ein Immobilienfonds Verluste gemacht und in guten Jahren waren die Renditen besser als bei hochsicheren Bundesschatzbriefen.

Doch seit 2008 kommen die Fonds nicht mehr richtig aus der Krise. Die Bundesregierung will nun mit einer Gesetzesinitiative die Risiken abmildern. »Vor allem die Risiken der Fondsbranche«, bemängeln allerdings Kritiker. Verbraucherschützer fordern stattdessen die Einführung eines wirksamen Mitspracherechts der Sparer. Damit es bei der Auflösung eines gescheiterten Fonds auch mit rechten Dingen zugeht.

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