Tödliches Geschäft

Trotz Schutzabkommen und Gesetzen blüht der Tigerhandel in Myanmar

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf ihrem Gipfeltreffen im russischen St. Petersburg haben die dreizehn Tigerstaaten vergangene Woche ein umfassendes »Globales Programm zur Rettung der Tiger« beschlossen und dafür auch 127 Millionen Dollar spendiert. Die Zeit drängt. Zwischen Indonesien und Sibirien, Indien und China gibt es nur noch 3200 Tiger. Und noch immer werden sie gejagt.

»Keine Fotos!« Der Mann an dem Stand auf dem Markt der birmanischen Grenzstadt Tachilek nimmt eine drohende Körperhaltung ein und schnauzt den Touristen mit der Kamera erneut an: »Keine Fotos.« Die Einschüchterung wirkt. Der westliche Tourist steckt frustriert seine Digitalkamera weg. Es wird halt nicht gerne gesehen, dass Westler Fotos von all den Knochen, Fellen und Tierkörperteilen machen, die auf dem Markt von Tachilek feilgeboten werden.

Tachilek an der thailändisch-birmanischen Grenze ist eine Drehscheibe für den illegalen Handel mit Tieren, ob tot oder lebendig. Besonders gefragt sind Körperteile von Tigern, weil viele asiatische Männer von der potenzsteigernden Wirkung von Tinkturen und Tees aus Tigerknochen und Tigerpenissen überzeugt sind. Eine Gier, die eine wesentliche Ursache für die rapide Abnahme der Zahl der Tiger ist, die in freier Wildbahn leben. In diesem Jahr, das im chinesischen Kalender im Zeichen des Tigers steht, dürfte es noch weniger der gestreiften Großkatzen geben. In der Greater Mekong Region, die Kambodscha, Myanmar, Laos, Thailand und Vietnam umfasst, streifen nur noch 350 Tiger durch die Wälder, schätzt die Tierhandelskontrollorganisation Traffic. Im letzten »Jahr des Tigers«, 1998, sollen es noch 1200 gewesen sein.

In dem unlängst in Bangkok veröffentlichten Report »Der Handel mit Großkatzen in Myanmar und Thailand« weisen Traffic und der WWF nach, dass die Schwarzmärkte entlang der Grenze Myanmars zu Thailand und China, eine »wesentliche Rolle« im Handel mit Tigerkörperteilen spielen. Ein Grund dafür ist, dass die meisten der Tiger der Greater Mekong Region in diesen großen Dschungelgebieten leben. Nun sollen in dem Areal Tigerschutzgebiete entstehen, wo die Tigerpopulation wieder wachsen könnte. »Das kann nur passieren, wenn es koordinierte Aktionen zur Beendigung des Wildtierhandels gibt«, sagte Peter Cutter, WWF-Tigerexperte, bei der Präsentation des Reports.

Gesetze zum Schutz der Tiger gibt es freilich längst in diesen Staaten. Nur ihre Durchsetzung scheitert – mal am fehlenden politischem Willen, mal an Personal und Finanzen. Korruption und die – oft illegale – Abholzung der Wälder tun ein Übriges.

Im Grenzgebiet von Birma und Thailand kommt noch der Krieg hinzu. Völker wie die Karen oder auch die Shan befinden sich seit Jahrzehnten im latenten Kriegszustand mit der Regierung. Allein seit der Wahl in Myanmar vor drei Wochen ist es wieder zu einer Reihe von schweren Gefechten zwischen ethnischen Milizen und der Armee gekommen. Mit anderen Worten: Selbst wenn die Machthaber in Myanmar die Tiger schützen wollten, könnten sie es nicht, weil sie im Grenzgebiet nicht Herr der Lage sind. Neben Drogen sind der illegale Handel mit Wildtieren und Tropenholz eine wichtige Finanzquelle der ethnischen Milizen. Daran wird auch der Tigergipfel im fernen Russland nichts ändern.

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