Samuel Schwarz schockt Eisschnelllaufwelt

Berliner holt ersten Weltcupsieg deutscher Männer seit neun Jahren / Jenny Wolf wieder obenauf

  • Frank Thomas, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.
Ein ganzes Jahrzehnt fristeten die deutschen Eissprinter mit hinteren Plätzen ein deprimierendes Dasein. In dieser Saison ist der Knoten endlich aufgegangen: Nach mehreren Top-10-Platzierungen ist Samuel Schwarz am Sonntag der Sprung auf das höchste Treppchen gelungen.

Die Teamgefährten fielen ihm um den Hals, der Teamchef kündigte spontan eine Sektparty an, doch Samuel Schwarz schüttelte immer nur ungläubig den Kopf. In einem Traumrennen hat der 27-jährige Berliner am Sonntag im japanischen Obihiro über 1000 Meter den ersten Weltcuperfolg eines deutschen Eisschnellläufers seit über neun Jahren perfekt gemacht.

Der achtmalige deutsche Meister blieb nicht nur als einziger Läufer unter 1:10 Minuten, sondern bezwang auch Olympiasieger Shani Davis aus den USA, der bei seinen bisherigen drei Saisonstarts über 1000 Meter immer als Sieger das Eis verlassen hatte. Da trat sogar der 55. Weltcupsieg von Jenny Wolf über 500 Meter in 38,03 Sekunden in den Hintergrund.

»Unglaublich, ich weiß nicht, was ich sagen soll«, meinte Samuel Schwarz nach seinem Sensationserfolg. Tags zuvor war er noch eine Sekunde langsamer gewesen und hatte sich beim Sieg von Davis mit Platz 13 begnügen müssen. »Heute hat einfach alles gepasst. Das war der absolute Hammer«, fügte er strahlend hinzu. Teamchef Helge Jasch hatte ihn noch vor dem Rennen motiviert: »Heute hast Du nur einen Schuss – aber der muss sitzen«. Er spielte darauf an, dass Schwarz auf die 500 Meter verzichtet hatte, um Kräfte zu sparen.

Nach dem Rennen konnte Jasch nur ebenso fassungslos feststellen: »Da hat er wirklich gut getroffen. Schon vier Paare vor Schluss wusste ich: Das wird ein Podestplatz, aber der Samuel wollte davon nichts wissen und hat nur müde gelächelt. Umso größer war dann die Freude, als er selbst Davis geschlagen hatte.« Für den Abend im Hotel organisierte Jasch umgehend eine spontane Sektparty. »Ein genialer Tag, ein toller Abschluss des Jahres – das gibt allen Kraft für das Training zu Weihnachten«, schwärmte der Jasch.

Den bislang letzten Erfolg eines deutschen Eisschnellläufers hatte am 25. November 2001 der Chemnitzer Frank Dittrich über 10 000 Meter gefeiert, der letzte Podestplatz liegt mehr als vier Jahre zurück. Den letzten Sieg eines deutschen Eissprinters über 1000 Meter hatte der Berliner Michael Künzel am 4. Dezember 1999 im vorigen Jahrhundert verbucht.

Zuvor hatte sich auch Weltmeisterin Jenny Wolf einen fröhlichen dritten Advent verschafft. Nach drei Niederlagen gegen Olympiasiegerin Lee Sang-Hwa drehte die von Rückenproblemen geplagte Berlinerin den Spieß um. »Ich habe drei Tage gar nicht trainiert. Heute lief es wieder top, ich habe alles richtig gemacht. Jetzt wird es ein schönes Weihnachten.«

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