Psychologie im Graben
In Magdeburgs Opern sitzen bis zu 60 Musiker auf 100 Quadratmetern. Das will gut organisiert sein
Magdeburg. Ohne Axel Arnhold käme im Opernhaus in Magdeburg kein Konzert zustande. Dabei kann der 47-Jährige keine einzige Note lesen. Arnhold ist Orchesterwart. Was dazugehört? »Alles, was passiert, bevor und nachdem das Orchester spielt«, antwortet der 47-Jährige. »Früher hieß es Orchesterdiener.« Damit er nicht zum Diener werde, müsse er sich hier und da kräftig durchsetzen. Es geht darum, dem Orchester das Spielen zu ermöglichen. »Das Notenmaterial muss da sein, die Stühle am richtigen Platz, auch die Pulte muss ich hinstellen.« Skizzen zeigen Arnhold, wie das Mobiliar positioniert werden muss. Von der Ankündigung eines Stückes bis zu dieser Zeichnung ist es oft ein langer Weg mit vielen Diskussionen. Schließlich muss Arnhold unter Umständen sehr viele Musiker im rund 100 Quadratmeter großen Orchestergraben unterbringen. »Bei Turandot zum Beispiel sind es 55 bis 60.« Das braucht viele Gespräche mit den Beteiligten. »Wir können nur die technische Seite prüfen, was fehlt, was nicht«, sagt Arnhold, der an seiner Seite noch einen weiteren Orchesterwart hat. »Natürlich hat jeder Musiker seine Befindlichkeiten. Damit muss man vorsichtig umgehen«, sagt Arnhold. Da gibt es Musiker, die nach der geplanten Sitzordnung den Dirigenten nicht sehen, andere können sich selbst nicht hören, weil ein benachbartes Instrument zu laut ist. Arnhold sagt dazu: »Es gibt keine unüberwindbaren Probleme.« Allerdings teste mancher auch mal die Grenzen aus: »Da muss man auch mal böse werden.«
Da Orchesterwart kein Ausbildungsberuf ist, kommen seine Kollegen laut Arnhold oft aus verwandten Berufen, Balletttänzer oder Musiker. Er selbst kam 1997 sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kind an diesen Job. Als Vertreter für Büromaterial kam er auch im Theater vorbei, übernahm eine Krankheitsvertretung und wurde schließlich dauerhaft Mitarbeiter des Theaters. So unentbehrlich er für das Orchester ist, genießen kann Arnhold die Konzerte nicht. »Ich habe überhaupt keine Zeit, mir das anzuhören.«
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!
In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!