Endphase im irakischen Postengerangel

Bekanntgabe der Minister kurzfristig verschoben / Premier Maliki will Kernministerien kontrollieren

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Die irakischen Parteichefs halten schon jetzt den Weltrekord für den langwierigsten Prozess zur Regierungsbildung – trotzdem haben sie vom Streit um Macht und Posten offenbar noch nicht genug. Der designierte Ministerpräsident Maliki verschob die für den Montag angekündigte Ernennung der Mitglieder seines neuen Kabinetts.

Anders als ursprünglich angekündigt, hat der alte und neue irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki die Namensliste seiner zukünftigen Regierung nicht am Montag bekannt gegeben. Bei Redaktionsschluss herrschte Unklarheit darüber, ob Maliki wenigstens die Hälfte der 38 Minister nennen würde, oder ob die Liste erst am Mittwoch dem Parlament vorgelegt wird. Das hatte ein Sprecher des Parlaments am Montag in Bagdad mitgeteilt. Die Meinungsverschiedenheiten über die Postenverteilung seien noch nicht überwunden, räumte Maliki-Sprecher Ali Dabbagh ein. Gemäß der Verfassung braucht die neue irakische Regierung spätestens bis Sonnabend die Zustimmung des Parlaments. Maliki war am 25. November von Präsident Dschalal Talabani mit der Regierungsbildung beauftragt worden, acht Monate nach den Wahlen am 7. März.

Khalid al-Assadi von Malikis Liste für Rechtsstaatlichkeit hatte bereits am Sonntag Journalisten in Bagdad Einzelheiten über die neue Regierungsliste mitgeteilt. Danach soll die Irakische Nationale Allianz, ein von Maliki geführtes Bündnis schiitischer Parteien, 17 Minister stellen. Die Irakiya-Liste, die die Wahlen knapp gewonnen hatte, soll neun Minister, der Kurdische Block sieben erhalten. Die restlichen fünf Ressorts werden auf kleinere Parteien verteilt.

Maliki erhält drei Stellvertreter, womit die Regierung 42 Personen umfasst und größer ist als die alte Regierung. Die wichtigen Ministerien für Verteidigung, Inneres und Nationale Sicherheit will Maliki vorerst selbst kontrollieren. Der Ministerpräsident, so Assadi, wolle aus einer »breiten Palette von Kandidaten« auswählen und sie dann vorstellen. Es müsse sichergestellt sein, dass diese Minister »keine Parteipolitiker« seien. Kritiker werfen Maliki vor, Züge eines »neuen Diktators« zu haben. Ihm käme es entgegen, Militär, Polizei und Geheimdienst unter einem Dach zu behalten.

Ex-Ministerpräsident Iyad Allawi erklärte derweil am Sonntag, die Irakiya-Liste werde in der neuen Regierung mitarbeiten. Man stimme auch der Einrichtung des neu zu schaffenden Nationalen Rates für Strategische Politik zu, über den das Parlament am heutigen Dienstag debattieren will. Das Amt ist auf einen Vorschlag der USA zurückzuführen, die Allawi damit für den entgangenen Posten des Ministerpräsidenten entschädigen wollen. Die Befugnisse des neuen Amtes sind noch unklar. Allgemein heißt es, der Nationale Rat soll die irakische Sicherheitspolitik überwachen. Ob Allawi selber Chef dieses Gremiums werden will, sagte er bisher nicht. Eine zentrale Forderung von Irakiya wurde am Wochenende im Parlament erfüllt. Die Abgeordneten hoben das politische Betätigungsverbot für drei prominente Irakiya-Politiker auf. Ihnen war vom Komitee zur Entbaathifizierung die Beteiligung an den Wahlen wegen angeblicher Nähe zur Baath-Partei von Saddam Hussein untersagt worden. Das umstrittene Komitee wird von Politikern geführt, die selber bei den Wahlen im gegnerischen Lager antraten. ND-Karte: Wolfgang Wegener

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