Afghanistan bleibt eine Misserfolgsgeschichte
Ausländische und Regierungstruppen erlitten 2010 bislang schwerste Verluste
Kabul (dpa/AFP/ND). Im Krieg in Afghanistan sind in diesem Jahr so viele afghanische und ausländische Soldaten getötet worden wie nie seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kabul, General Sahir Asimi, sagte am Mittwoch, 806 Soldaten der Afghanischen Nationalarmee (ANA) seien seit Jahresbeginn ums Leben gekommen. Das ist eine Steigerung um mehr als ein Viertel: Im vergangenen Jahr starben nach Angaben des Ministeriums 632 ANA-Soldaten.
2010 ist auch für die ausländischen Truppen das bislang verlustreichste Jahr. Nach Angaben des unabhängigen Internetdienstes icasualties.org starben seit Jahresbeginn rund 700 ausländische Soldaten in Afghanistan. Im vergangenen Jahr lag diese Zahl bei 510. Die Internationale Schutztruppe ISAF meldete in der Nacht zu Mittwoch einen weiteren getöteten Soldaten.
Die NATO-geführte ISAF verlor seit Jahresbeginn nach eigenen Angaben mehr als 670 Soldaten. Unter den Opfern waren neun Deutsche. Im Vorjahr lag die Gesamtzahl bei 506. In den etwas höheren Zahlen von icasualties.org sind auch ausländische Sicherheitskräfte erfasst, die nicht unter ISAF-Mandat operieren.
Bei Gefechten zwischen ISAF-Soldaten und Aufständischen in der südafghanischen Provinz Helmand starben drei Frauen und zwei Kinder im Kreuzfeuer. »Wir wissen nicht, welche Seite für die Toten verantwortlich war«, sagte der Sprecher der Provinzregierung, Daud Ahmadi, am Mittwoch. Bei dem Gefecht am Vortag im Distrikt Sangin seien außerdem sieben Aufständische getötet worden. Die ISAF teilte mit, der Fall werde untersucht. Sie wirft den Aufständischen vor, Truppen von Wohnhäusern aus anzugreifen.
Allein im ersten Halbjahr kostete der Konflikt in Afghanistan nach UN-Angaben 1271 Unbeteiligte das Leben – ein Anstieg von 21 Prozent verglichen zum Vorjahreszeitraum. Für die allermeisten zivilen Opfer seien die Aufständischen verantwortlich gewesen.
Die ISAF will den Kampf gegen die Taliban in Afghanistan auch im Winter mit unverminderter Härte fortführen. »Unsererseits wird es definitiv keine Winterpause geben«, sagte der Sprecher der ISAF, Bundeswehrgeneral Josef Blotz, gegenüber dpa. »Wir haben nunmehr die notwendigen konventionellen und Spezialkräfte, um den Druck auf die Aufständischen aufrecht zu erhalten.« Im Winter flauten die Kämpfe in den vergangenen Jahren stets ab.
Der Hauptgrund für die gestiegene ISAF-Opferzahl liege darin, »dass wir 2010 mit den zusätzlichen Verstärkungen erstmals in der Lage waren, Taliban in Gegenden zu konfrontieren, zu verdrängen und auszuschalten, wo diese seit Jahren völlig ungefährdet ihr Unwesen trieben«, sagte Blotz. »Außerdem können wir jetzt auch gemeinsam mit den afghanischen Sicherheitskräften in den genommenen Räumen bleiben. Diese Abläufe führen zu mehr Konfrontationen, zu mehr Verlusten.«
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.