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Abrücken vom Mindestlohn für alle

Nächste Runde im Vermittlungsausschuss: SPD sucht Kompromiss bei Hartz IV

  • Erich Walter
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Einigung ist noch nicht in Sicht. Doch im Vorfeld der heutigen Sitzung des Vermittlungsausschusses zeigt sich die SPD bereit, mit der Union beim Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche eine gemeinsame Lösung zu finden.

Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, erklärte, dass das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit in der Zeitarbeit »nicht erst nach zwölf Monaten Beschäftigungsdauer« gelten dürfe. Nachdem die Hartz-IV-Novelle der Bundesregierung im Dezember 2010 im Bundesrat gescheitert war, hatte die SPD einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn zu einer Bedingung für eine mögliche Zustimmung erklärt.

Der Ausschuss hatte eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der nun über drei Themen verhandelt wird: über die Höhe der Regelsätze, das so genannte Bildungspaket für Kinder und Mindestlöhne. Die LINKE musste erst das Bundesverfassungsgericht anrufen, bevor sie nachträglich eine Einladung für die Arbeitsgruppe zugestellt bekam.

Auch wenn in der vergangenen Zeit viel von Kompromissen gesprochen wurde, zeichnet sich in den drei Kernpunkten bislang keine grundsätzliche Annäherung ab. Bei der Höhe der Regelsätze, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht einfach nach Kassenlage festgelegt werden dürfen, gibt es regierungsseitig keine Bewegung. Die SPD soll ein neues Modell vorgeschlagen haben, das nach Berechnungen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPW) zu einer Erhöhung des Regelsatzes auf 394 Euro führen würde. Der Verband hatte im vergangenen Jahr eigene Berechnungen vorgelegt, nach denen ein verfassungskonformer Regelsatz bei 420 Euro liegen müsste. Sollte der DPW Recht behalten, geht die SPD hier mit Positionen in die Verhandlungen, die Teil des Problems und nicht der Lösung sind.

Beim Bildungspaket wird nach Aussagen des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, eine »Kurskorrektur« erwartet. Die Ausgabe von Gutscheinen für Nachhilfeunterricht, Schulmaterial, Zuschüssen fürs Mittagsessen soll jetzt doch den Kommunen übertragen werden. Die dafür vorgesehenen 1300 zusätzlichen Stellen in der Bundesagentur für Arbeit galten den Ländern als zu schwerfällige Bürokratie. Allerdings soll Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den SPD-Forderungen nach einer Bundesbeteiligung an Ganztagsschulen und der Schulsozialarbeit eine Absage erteilt haben.

Was den Mindestlohn betrifft, will von der Leyen nur über Lohnuntergrenzen für Leiharbeitnehmer reden. Die FDP sperrt sich dagegen. Wenn die SPD jetzt versucht, hier einen Keil in die Koalition zu treiben, mag das machttaktisch rational sein. Aber branchenbezogene Lohnuntergrenzen und ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn sind zwei verschiedene Dinge. Bedenkt man, dass in Deutschland mehr als 2,6 Millionen Menschen weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdienen, wäre dies praktisch die Rücknahme der von der SPD zuvor lautstark verkündeten Bedingung.

Die parlamentarische Geschäftsführerin der LINKEN, Dagmar Enkelmann, warnte in diesem Zusammenhang vor einem »politischen Kuhhandel«. Für die LINKE liege die Untergrenze der Regelsätze, »die nach dem Karlsruher Urteil auf keinen Fall unterschritten werden darf, bei 420 Euro«, erklärte Enkelmann.

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