Rückendeckung für Wiesehügel

Hochtief-BR und Gewerkschaft versöhnt

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Einen Monat nach dem offenen Ausbruch eines Zerwürfnisses zwischen dem Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Klaus Wiesehügel, und dem Hochtief-Konzernbetriebsratsvorsitzenden Siegfried Müller wollen beide Seiten wieder »miteinander und nicht übereinander« reden und »an einem Strang ziehen«.

Klaus Wiesehügel zeigte sich erleichtert, als er am Freitag in Frankfurt am Main vor die Journalisten trat. Nach einer »mehrstündigen und intensiven« Diskussion einigten sich Vertreter der Gewerkschaft und der maßgeblich beteiligten Hochtief-Betriebsratsgremien auf eine Erklärung, die das Vorgehen der IG BAU und die Mitte Dezember von der Gewerkschaftsspitze getroffene Vereinbarung mit dem spanischen Baukonzern ACS billigt. Darin hatten die Spanier für den Fall einer Übernahme des Hochtief-Konzerns die Sicherung von Arbeitsplätzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und bestehenden Mitbestimmungsrechten in Deutschland zugesagt, die IG BAU als alleinigen Sozialpartner für Deutschland anerkannt und das Weiterbestehen von Hochtief als eigenständiger Konzern mit Sitz in Essen bekräftigt. Müller hatte Ende Dezember den Vorstoß Wiesehügels heftig kritisiert und bemängelt, dass sich die IG BAU nicht mit voller Kraft gegen die Übernahme gestemmt habe.

Nach den heftigen und öffentlich ausgetragenen Konflikten der vergangenen Wochen kann Wiesehügel die beschlossene Betriebsräte-Erklärung als volle Bestätigung seines Vorgehens werten. So entspreche die Vereinbarung »inhaltlich den Interessen der Hochtief-Arbeitnehmerschaft«, heißt es in der neuen Erklärung. Sie stelle auch »keine einseitige Stellungnahme« gegen den Hochtief-Konzernvorstand dar, der »weiterhin alleiniger Verhandlungspartner der Betriebsräte bleiben« werde. Die Betriebsräte wollen auf der Grundlage der Vereinbarung der IG BAU mit ACS nun mit dem Essener Konzernvorstand eine Beschäftigungssicherung vereinbaren und »sehen die IG BAU als unseren Partner in allen Fragen der Arbeitnehmer-Interessenvertretung an«.

Wiesehügel, der die Übernahme von Hochtief durch ACS inzwischen für weitgehend unabwendbar hält, war um versöhnliche und leise Töne bemüht. Müller, der die Pressekonferenz zunächst schweigend und in der hinteren Reihe verfolgte, äußerte sich erst auf gezielte Nachfragen und sprach von »Missverständnissen und Fehlinformationen«, die bei der Zusammenkunft aus dem Weg geräumt worden seien. Beide Seiten hätten »sich angenähert«. Noch gehöre er der Gewerkschaft an, erklärte Müller auf ND-Nachfrage, wollte aber keine weiteren Äußerungen über seinen Verbleib in der Organisation machen. Jüngste Meldungen über eine Austrittswelle von Hochtief-Beschäftigten aus der IG BAU scheinen sich derzeit nicht zu bewahrheiten.

Um den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen, wollen beide Seiten in direktem Kontakt bleiben. Umgehend soll hierzu ein »Think Tank« eingerichtet werden, der auch die Arbeit der Interessenvertreter und Gewerkschafter in Betrieb und Aufsichtsrat besser koordinieren soll. Neben Betriebsräten wie Müller gehört auch Wiesehügel als externer Arbeitnehmervertreter dem Hochtief-Aufsichtsrat an. Der Gewerkschafter machte deutlich, dass er in mehreren Punkten Kritik an Einzelaspekten der Hochtief-Unternehmenspolitik hat und Kursänderungen fordert, um den Bestand eines einheitlichen Konzerns langfristig zu sichern.

Meldungen, wonach Wiesehügel eine Berufung als Arbeitsdirektor im Hochtief-Konzernvorstand anstrebe, waren schon Ende Dezember von Gewerkschaftsseite als »gezielte Falschinformation« dementiert worden. Nach Ausbruch des Konflikts mit dem Betriebsrat hatte Wiesehügel in einem Brief an die Hochtief-Belegschaft für seinen Standpunkt geworben.

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