Feige

Standpunkt von Ines Wallrodt

  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist ein Grundprinzip des Rechtsstaats: Wer eine Straftat begeht, kann nur nach einem Gesetz bestraft werden, das zur Tatzeit gilt. Schon die alten Römer kannten diesen Rechtsgrundsatz. Geht es um Straftäter, nimmt es die Bundesrepublik damit nicht so genau. Sie hat die Sicherungsverwahrung nachträglich verhängt oder verlängert und damit gegen die Menschenrechte verstoßen. Das hat der Europäische Gerichtshof in Straßburg wiederholt festgestellt. Doch die Politik versucht, das Urteil zu unterlaufen, fährt also fort mit ihrem rechtswidrigen Tun. Im Klartext heißt das, sie will sich nicht an die Menschenrechtskonvention halten, die sie unterzeichnet hat. Man darf gespannt sein, wie die Bundesregierung ähnliches Verhalten anderer Länder künftig bewerten wird. Der Schaden für die Grundrechte in Europa ist in jedem Fall groß.

Die Politik kann sich so verhalten, weil sie die Mehrheit der Bürger hinter sich und das oberste deutsche Verfassungsgericht auf ihrer Seite weiß. Das deutete sich in der gestrigen Verhandlung an. Im Falle von Sicherungsverwahrten bleibt sich Karlsruhe damit treu. Das Gericht hatte 2004 auch schon der menschenrechtswidrigen nachträglichen Anordnung sein Gütesiegel verliehen. Die Richter scheuen nun wohl erneut vor einem unpopulären Urteil zurück. Ähnlich war es in den vergangenen Monaten auch bei Hartz IV und dem Asylrecht. Wer gesellschaftlich keine Lobby hat, hat sie offenbar auch nicht in Karlsruhe.

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