Gesundheitsrisiko unklar

Bundesamt stellt Bericht über Strahlenbelastung in Asse vor

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) kann keinen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen bei Beschäftigten des Atommülllagers Asse und der Strahlung im Bergwerk nachweisen.

Dem gestern vorgestellten Abschlussbericht des »Gesundheitsmonitoring Asse« zufolge ist die radioaktive Strahlung im Bergwerk dafür zu gering gewesen. Der Leiter der Studie, Prof. Thomas Jung vom BfS-Fachbereich Strahlenschutz und Gesundheit, schließt aber ausdrücklich nicht aus, dass es in Einzelfällen doch zu höheren Belastungen gekommen sein könnte. Das BfS hat zwei Jahre lang die Strahlenbelastung von rund 700 Personen erfasst, die zwischen 1967 und 2008 im Bergwerk unter Tage oder in strahlenschutzrelevanten Bereichen über Tage beschäftigt waren. Etwa 600 von ihnen hatten für den Betreiber, das Helmholtz Zentrum München, gearbeitet, 71 waren im Auftrag von Fremdfirmen tätig.

Wesentliche Grundlage für die Erhebung waren die alten Mess- und Beschäftigungsdaten des Helmholtz Zentrums. Jung räumte ein, dass es insbesondere für die ersten Jahren der Atommülleinlagerung erhebliche »Datenlücken« gebe. So seien damals Filmdosimeter ausgewertet worden, die von Mitarbeitern gar nicht getragen wurden. Auch nach Laugenaustritten kontaminierte Bereiche seien nicht immer korrekt abgesperrt worden. Der Strahlenschutz im Bergwerk sei erst »sukzessive« aufgebaut worden, sagte Jung. Die vorhandenen Lücken in der Dokumentation hätten die BfS-Eperten durch die Festlegung von Erstwerten zu schließen versucht. »Für die Beschäftigten insgesamt ist die vorhandene Datenbasis wissenschaftlich belastbar.«

Die für die Beschäftigten ermittelte Belastung durch radioaktive Strahlung lag zwischen 12 und 115 Millisievert, berichtete Jung. Bei sieben Personen sei eine Belastung von mehr als 100 Millisievert festgestellt worden. Zulässig sei eine »Berufslebensdosis« von 400 Millisievert. Die Belastung des Asse-Personals liege in einem Bereich, der niedriger oder gleich hoch sei wie die natürliche Strahlenbelastung. Grundsätzlich sei aber jede Strahlenbelastung mit einem »gewissen Krebsrisiko« verbunden, so das BfS.

In Gang gebracht worden war das Gesundheitsmonitoring durch den Schlosser Eckbert Duranowitsch. Er arbeitete drei Jahre im Atommülllager Asse. Später bekam der heute 48-Jährige Leukämie. Duranowitsch führt die Krankheit auf die Strahlenbelastung unter Tage zurück, besondere Schutzkleidung oder Dosimeter habe es für die meisten Beschäftigten nicht gegeben. Duranowitsch zeigte den früheren Betreiber an und beantragte bei der Berufsgenossenschaft, dass seine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird. Als auch andere Asse-Mitarbeiter ihre Krebserkrankungen öffentlich machten, reagierte das BfS. Die Behörde, seit Anfang 2009 Betreiber der Schachtanlage, startete das Gesundheitsmonitoring. In einem nächsten Schritt will das BfS die ehemaligen und derzeitigen Beschäftigten anschreiben und über das Ergebnis der Erhebung informieren. Jede und jeder von ihnen könne die bislang anonymisierten Informationen über seine persönliche Strahlendosis beantragen.

In das ehemalige Salzbergwerk Asse wurden zwischen 1967 und 1978 insgesamt rund 126 000 Fässer mit schwach und mittelradioaktivem Atommüll gekippt. Weil die Grube einzustürzen und voll Wasser zu laufen droht, will das BfS die Abfälle wieder herausholen. Bisher gibt es hierfür keine Genehmigung des niedersächsischen Umweltministeriums. Atomkraftgegner befürchten, dass das Bergwerk stattdessen – wie es der frühere Betreiber will – geflutet wird und viele Pannen nicht ans Tageslicht kommen.

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