Aufstieg und Fall eines Imperiums

WestLB: Von der Sparkasse der Sparkassen zum globalen Player – und zurück?

  • Marcus Meier, Düsseldorf
  • Lesedauer: 3 Min.
In diesen Tagen entscheidet sich das Schicksal der einst mächtigen WestLB. Wird sie zerschlagen, werden nur ihre Filetstücke verkauft? Wird eine »RestLB« zu den Wurzeln des Geldhauses zurückkehren?

Um diesen Auftrag war der ehemalige CDU-Politiker Friedrich Merz nicht zu beneiden: Die Mehrheitsanteile einer kriselnden Landesbank wie der WestLB zu verscherbeln ist gewiss kein Vergnügen. Besonders wählerisch gab der Veräußerungsbeauftragte sich nicht: War die China Development Bank als Übernehmer der Dresdner Bank vor zwei Jahren noch unwillkommen, weil »ein Vehikel der Regierung in Peking« (»FAZ«), wurde sie nun als potenzieller Investor begrüßt. Doch die Staatsbank dementierte. Zuletzt waren vier anonym bleibende Interessenten im Rennen. Darunter wohl auch die Blackstone Group und die Apollo Group – beide gelten als »Heuschrecken«. Gestern lief die Frist für Kaufangebote ab. Am Nachmittag nahm der Aufsichtsrat die Beratungen auf.

Zuvor war eine Fusion der WestLB mit der Bayerischen Landesbank gescheitert. Ein Expertengremium der Bundesregierung riet in diesen Tagen schlicht zur Abwicklung. Schließlich erbringe die WestLB »keine volkswirtschaftlich unentbehrliche Leistung«. Ein Großteil des umstrittenen Nachtragshaushaltes der NRW-Landesregierung dient der Abschirmung von Risiken aus der WestLB-Krise. Währenddessen spekuliert die »Wirtschaftswoche« über »neue Milliardenrisiken«.

Allen Unwägbarkeiten zum Trotz: Bis Dienstag müssen die Bank-Eigentümer einen Restrukturierungsplan vorlegen – EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia macht Druck. Die Eigentümer, die Sparkassenverbände Nordrhein-Westfalens und das Land NRW, sollen sich zusammen mit dem Bund »in Grundzügen auf einen radikalen Umbau« der Bank verständigt haben. Friedrich Merz soll nach Berichten des »Focus« ermächtigt werden, ausschließlich die profitablen Anteile verkaufen zu dürfen. Also Sparten wie das Auslandsgeschäft und die Projektfinanzierung.

Eine »RestLB« würde dann die Sparkassen im Kerngeschäft unterstützen. Diese Verbundbank bedürfe eines Startkapitals von bis zu zwei Milliarden Euro. Was diese beiden Töpfe nicht auffangen können, soll in die bereits üppig gefüllte hauseigene »Bad Bank« ausgelagert werden. Wettbewerbshüter Almunia soll diesen Plänen freundlich gesonnen sein: Gebe die Bank ihre grenzüberschreitenden Geschäfte ab, sei der Fall für ihn erledigt. Er moniert unzulässige staatliche Beihilfen.

Als »RestLB« würde die WestLB ironischerweise zu ihren frühen Wurzeln zurückkehren. 1969 entstand als Anstalt des öffentlichen Rechts die Westdeutsche Landesbank Girozentrale aus dem Zusammenschluss zweier regionaler Vorläufer. Sie war zunächst nur eine Art Sparkasse der Sparkassen – das jedoch für beide Regionen des nach dem Krieg entstandenen »Bindestrichlandes« Nordrhein-Westfalen.

Sukzessive wurde die WestLB zum wichtigen Instrument der sozialdemokratischen Standortpolitik in NRW. Der »rote Baron« Friedel Neuber firmierte nicht nur als WestLB-Chef der Jahre 1981 bis 2001, sondern war zugleich eine Art Neben-Wirtschaftsminister. Der »Pate an der Ruhr«, schreibt das »Manager-Magazin«, verkörpere »den rheinischen Kapitalismus wie kein anderer«.

Globalisierung und Casino-Kapitalismus blieben keine Fremdworte für die Landesbanker, die früh damit begannen, sich zu einer Geschäftsbank mit internationalem Fokus zu transformieren. Ab Mitte der 1990er Jahre versuchte die WestLB sich im globalen Investmentbanking – riskante Kredite inklusive. 2002 geriet sie in die Kritik, weil sie ein in öko-sozialer Hinsicht umstrittenes Ölpipeline-Projekt in Ekuador federführend finanzieren wollte. Selbst die Deutsche Bank hatte aus Angst vor einem Imageschaden die Finger davon gelassen.

Fehlspekulationen mit Wertpapieren führten 2007 zu Milliarden-Verlusten. Die Bank litt zudem unter der weltweiten Finanzkrise und kroch unter den Schirm des Bankenrettungsfondes SoFFin. 2009 übertrug sie Schrottpapiere in eine »Bad Bank«. Das bisherige Volumen: 77 Milliarden Euro.

Der Aufstieg der WestLB – er war steil. Der Fall umso tiefer. Allerdings nicht für die ehemaligen Vorstandsmitglieder, die mit Millionen-Zahlungen abgefunden wurden. Ihre Nachfolger erfreuen sich hoher Boni.

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