»Einmischung ist erwünscht«

Zaman Masudi, Mitinitiatorin der »Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen« in Caracas, zur Situation der iranischen Frau

  • Gisela Sonnenburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Farah Diba, Gattin des Schah, ist längst kein Vorbild mehr für die aufmüpfigen Frauen in Iran. Aber wie sieht deren Situation heute aus?
»Einmischung ist erwünscht«

Sie ist eine Fachfrau für die iranische Frauenfrage: Die iranischstämmige Hamburgerin Zaman Masudi. Sie ist Sprecherin der LINKEN in Hamburg, Mitinitiatorin der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen und Vorstandsmitglied des Koordinationsrates der Iranerinnen und Iraner in Hamburg e.V. Ihre Einschätzung ist deutlich: »Die Situation der Frauen in Iran war nie so schlimm wie jetzt«, sagt sie. »Frauen werden überall unterdrückt. Aber in Iran gibt es eine Unterdrückung per Gesetz.«

Sie nennt einige Beispiele: Vor den Gerichten gelten zwei Frauen als so viel wie ein Mann, wenn es um Zeugenschaft geht. Beim Tod eines Ehemanns geht das Sorgerecht für die Kinder auf die Familie des Verstorbenen über. Ohne Erlaubnis ihres Gatten darf eine Frau weder arbeiten gehen noch verreisen. Noch sich das Haupt enthüllen!

Dabei sahen viele die ersten Verschleierungen im Zuge der Proteste gegen die Schah-Regierung zunächst noch ganz naiv: als Absage an den westlichen Kosmetik-Luxus, den der Hofstaat von Reza Pahlevi betrieb. »Puppen-Regime« nannte man, zu Beginn der Revolution in Iran, die mit reichlich Schminke stets geschönte Schahfamilie verächtlich. Die rein religiöse Ausdeutung der Schleier fand laut Zaman Masudi, die damals aus Deutschland nach Iran gereist war, erst später statt.

Heute, sagt sie, sei die Frauenbewegung in Iran gespalten: »Einerseits gibt es Frauen, die Reformen innerhalb der islamischen Republik wollen.« Diese haben das Ziel, Frauen mit mehr Rechten wie dem zur Ehescheidung auszustatten. Und sie wollen Frauen als weibliche Mullahs, als Richterinnen, in Führungspositionen zugelassen sehen. Dass das Heiratsalter für Mädchen von neun Jahren auf 13 Jahre heraufgesetzt wurde, gilt ihnen als entsprechender Fortschritt. Und als Beleg dafür, dass sich innerhalb der islamischen Gefüge etwas machen lässt. »Die zweite Gruppe von Frauen kritisiert aber massiv die Keule der Religion und wünscht sich eine Aufklärung und einen Laizismus«, sagt Masudi. »Das liegt auch daran, dass sich die Machthaber in Iran rückhaltlos in wirklich alle Lebensbereiche einmischen.« Das würde so weit gehen, dass vorgeschrieben wird, wie eine Familie baden solle.

Hilfe und Unterstützung, so Masudi, sind in jedem Fall dringend nötig, und auch Einmischungen aus dem Ausland müssten erwünscht sein: »In keinem anderen Land ist die Verklammerung der Frauenunterdrückung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen so deutlich zu sehen.« In Caracas, auf der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen, werden denn auch nur emigrierte Iranerinnen, etwa aus Deutschland, zugegen sein können. Bleibt, sich die Situationen anderer Frauen in der Welt anzuschauen. An den Lateinamerikanerinnen bewundert Masudi ihre Aufbruchstimmung: »Dort gehen die Frauen wie selbstverständlich auf die Straße, wenn es um ihre Rechte geht.« Das habe man auch bei den Kämpfen ums Trinkwasser in Bolivien gesehen.

Dass das Weltfrauentreffen in Caracas sich ausdrücklich den »Basisfrauen« widmet, also den Normalverdienerinnen und Erwerbslosen, ist für die Politikerin besonders wichtig: »Von oben wird ja keine Veränderung für die Frauen wirklich kommen, in keinem Land der Erde.« Darum gelte: »Aufbauen muss man von unten!« Mit dem Kongress verbindet sie vor allem eine Hoffnung auch für die iranischen Frauen: »Dass man global lernt, Verantwortung für eine Veränderung in dieser Welt zu übernehmen und sie aktiv zu gestalten.«

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