Betriebsrenten: Rückzahlung von Sozialbeiträgen ist ausschließlich für Direktversicherte möglich

Urteile des Bundesverfassungsgerichts

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Einige Betriebsrentner bekommen 2011 zu viel gezahlte Krankenkassenbeiträge zurück. So zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes vom September 2010. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen hat die Urteile ausgewertet und jetzt Empfehlungen ausgesprochen, für welche Fälle eine Rückzahlung in Frage kommt.

Danach betrifft es ausschließlich Senioren, die vor Jahren über ihren Arbeitgeber eine Direktversicherung abgeschlossen und diese nach dem Verlassen des Betriebes privat fortgesetzt hatten.

Dabei spielt es keine Rolle, aus welchen Gründen das Arbeitsverhältnis endete. Ebenso wenig maßgebend ist es, ob der Vertrag die Auszahlung in Form einer monatlichen Rente oder als einmalige Kapitalausschüttung vorsieht. Allerdings muss die Police nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses geändert worden sein – indem der Arbeitnehmer nunmehr an Stelle des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer eingetragen wurde.

Der Anspruch auf Rückzahlung betrifft allerdings ausschließlich Direktversicherte: Wer für die betriebliche Altersversorgung in einen Pensionsfonds oder eine Pensionskasse gezahlt hat, kann derzeit keine Erstattung erwarten. Die Begründung des Bundesverfassungsgerichtes lässt nach Ansicht des GKV-Spitzenverbandes eine solche Auslegung nicht zwingend zu. Hier wird noch eine Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes abgewartet.

Wann die Rückzahlung konkret erfolgt, ist Angelegenheit der einzelnen Krankenkassen – und auch deren jeweiliger Finanzlage geschuldet. Der Verband geht davon aus, dass sich die zuständige Kasse bei jenen Versicherten meldet, die bereits Widerspruch eingelegt haben.

Es könne aber auch nicht schaden, wenn sich diese selbst noch einmal bei ihrer Krankenkasse unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes (Az. 1 BvR 739/08 bzw. 1 BvR 1660/08) melden.

Der Anspruch auf Rückzahlung geht immer nur vier Jahre zurück. Das bedeutet: Wenn der Widerspruch nicht bis zum 31. Dezember 2010 erfolgt ist, sind die Ansprüche für 2006 verjährt. Doch auch, wer diese Frist versäumt hat, sollte Widerspruch einlegen. Er hat dann Anspruch auf Rückzahlung seiner Beiträge ab 2007. Dafür genügt ein formloses Schreiben, in dem um die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus dem privat angesparten Teil der Direktversicherung gebeten wird.

Aus den Urteilen ergeben sich zwei weitere Schlussfolgerungen:

Wer gegenwärtig oder künftig eine Leistung aus einer Direktversicherung bezieht, sollte prüfen, ob er zu den Betroffenen zählt. Wenn ja, sollte er bei seiner Krankenkasse klarstellen, dass auf die privat eingezahlten Anteile keine Beiträge (mehr) gezahlt werden. Arbeitnehmer, die gekündigt werden oder die Firma wechseln, aber ihre Direktversicherung privat weiterführen, sollten sich unbedingt als Versicherungsnehmer eintragen lassen. Das erspart das Zahlen von Versicherungsbeiträgen im Alter – im Jahr 2011 zum Beispiel 17,45 Prozent.

Die meisten Senioren, die Leistungen aus betrieblicher Altersversorgung beziehen und gesetzlich krankenversichert sind, müssen aber weiterhin den vollen Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung zahlen und bekommen auch nichts zurück. Das ist ebenfalls eine Konsequenz der Urteile des Bundesverfassungsgerichtes. Es hatte die seit 2005 gängige Praxis des Gesetzgebers für rechtens erachtet, alle Leistungen der betrieblichen Altersversorgung mit Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung zu belasten.

ANDREAS BRATE

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