Einigung auf Rettungspaket

EU-Gipfel beschließt dauerhaften Krisenmechanismus

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Der Brüsseler EU-Gipfel hat erwartungsgemäß einen ständigen Euro-Krisenmechanismus und die Verschärfung des Stabilitätspaktes beschlossen. Die Aufstockung des bestehenden Rettungsfonds wurde dagegen verschoben.

Brüssel (AFP/ND). Die umfassendste Reform des Euro seit seiner Einführung soll die europäische Währung gegen künftige Krisen sichern. Die EU-Staaten beschlossen in Brüssel ausgeweitete Strafen gegen Defizitsünder, einen Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit und einen ständigen Fonds für Notkredite, wie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in der Nacht zum Freitag mitteilte.

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten gaben in Brüssel ihre Zustimmung zu dem Paket, das in den vergangenen Monaten ausgehandelt worden war. In der Bundesregierung wurden die Beschlüsse als großer Erfolg gewertet. Kanzlerin Angela Merkel setzte sich mit der Forderung durch, die Zahlungen für den ständigen Euro-Rettungfonds gleichmäßig auf mehrere Jahre zu verteilen.

Neben Garantien müssen die Euro-Staaten auch 80 Milliarden Euro direkt als Bareinlage leisten. Auf Deutschland entfallen knapp 22 Milliarden Euro. Bisher sollte die Hälfte des Beitrags auf einen Schlag bis 2013 fällig sein, der Rest in drei weiteren Jahresraten. Nun werden ab Juli 2013 fünf gleichmäßige Tranchen gezahlt. Auf Deutschland entfallen damit rund 4,3 Milliarden Euro pro Jahr.

Der ab 2013 geltende Rettungsfonds ist ein wichtiger Teil des Pakets zum Euro-Schutz: Er löst den derzeitigen Rettungsschirm ab und soll ein Volumen von 700 Milliarden Euro erreichen, um in Not geratenen Staaten Hilfe zu leisten. Da ein Teil des Geldes als Sicherheit hinterlegt werden muss, sollen schließlich 500 Milliarden Euro als effektive Ausleihsumme zur Verfügung stehen.

Durch den gleichzeitig beschlossenen verschärften Stabilitätspakt drohen Defizitsündern nun nicht nur Geldstrafen, wenn die jährliche Neuverschuldung drei Prozent der Wirtschaftsleistung übersteigt, sondern auch wenn die Gesamtverschuldung über 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt. Über einen »Pakt für den Euro« wollen sich die Euro-Länder zudem in der Sozial-, Steuer- und Haushaltspolitik eng abstimmen. Dies soll die Euro-Zone insgesamt wettbewerbsfähiger machen.

Überschattet wurde das Treffen von der verschärften Schuldenkrise in Portugal: Regierungschef José Socrates reiste nur noch als amtierender Ministerpräsident an. Der Portugiese hatte am Mittwoch sein Amt niedergelegt, weil das Parlament eine neue Runde von Einsparungen ablehnte, mit denen das Land Nothilfen aus dem Euro-Rettungsschirm vermeiden wollte.

Nach Irland ist Portugal nun das zweite Land, in dem die Regierung wegen der Sparmaßnahmen stürzt, die wegen der Haushaltslage ergriffen worden waren. Portugal könnte bald ebenfalls gezwungen sein, internationale Finanzhilfen anzunehmen. Nach der Ratingagentur Fitch stufte auch Standard & Poor's das Land zwei Stufen herab, die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen stiegen am Freitag umgehend auf Rekordniveau.

Die EU bemühte sich angesichts der Entwicklungen in Portugal öffentlich um Gelassenheit. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte, über ein Hilfsprogramm für sein Heimatland sei auf dem Gipfel nicht gesprochen worden. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker sagte, er erwarte kein baldiges Hilfegesuch aus Lissabon. Ein Beamter der EU-Kommission äußerte die Erwartung, dass Portugal nicht vor den für Mai oder Juni geplanten Neuwahlen Hilfen anfragen werde.

Einige Fragen blieben beim EU-Gipfel allerdings offen. So soll eigentlich die tatsächliche Ausleihkraft des derzeitigen, bis Mitte 2013 befristeten Rettungsfonds EFSF durch weitere Garantien von rund 250 Milliarden auf 440 Milliarden Euro erhöht werden. Nun soll dies bis zum Sommer geregelt werden – die finnische Regierung steht vor Neuwahlen und wollte vorerst keine weiteren Garantien vergeben. Kommentar Seite 8

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