»Bild«-Bildungsbürger?

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Die arme Arbeitsagentur! So viele Sanktionen wie nie »musste« (Wortlaut »Bild«) sie im vergangenen Jahr verhängen, weil Hartz-IV-Sünder ihr Vermögen verprassten, die Arbeit verweigerten oder gar nicht erst zum Amtstermin gingen. So in etwa sieht jedoch nicht nur das Hartz-IV-Bild der Zeitung, sondern wohl auch der Mehrheit der Deutschen aus. Das ist das eigentlich Bittere.

»Spiegel Online« berichtete gestern über die »Bild«-Aufmachung. Was in den Kommentaren unter dem Beitrag zu lesen war, erschreckt: Selbst in dem »Bildungsbürgerblatt« – also bei jenen, von denen man denkt, sie müssten es eigentlich besser wissen – ist heiß umkämpft, ob Millionen Hartz-IV-Empfänger nun eigentlich ein Recht auf Existenzminimum haben oder sich nur »in der Opferrolle« suhlen. »Wer keinen Bock hat zu arbeiten, hat auch kein Recht darauf, von der Gemeinschaft durchgefüttert zu werden«, schreibt einer oder eine. Glücklicherweise fragt später noch jemand: »Schon mal was von Solidarität gehört?«

Hartz-IV-Empfänger eignen sich eben offenbar immer noch als einer der besten gesellschaftlichen Sündenböcke. Auf sie kann vieles projiziert werden, von den eigenen Abstiegsängsten bis zum politischen Versagen. Wie sonst lässt sich der Erfolg jener Hetze erklären, wenn doch rational klar ist, dass in einer Gesellschaft mit endlichen Jobs jeder selbst einmal betroffen sein könnte?

Die letzte »Hartz-IV-Schande« – eine völlig vergurkte Hartz-IV-

Reform –, ist jedenfalls kaum mehr Thema der Kommentare. Und das wiederum ist doch eine beachtliche psychologische Leistung!

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