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Krieg durch die Hintertür

Brüsseler Spitzen

  • Sabine Lösing
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Europaabgeordnete der LINKEN ist Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung.
Die Europaabgeordnete der LINKEN ist Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten und des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung.

Es wird immer deutlicher, dass das eigentliche Ziel des NATO-Krieges gegen Libyen, der Sturz Muammar al-Gaddafis, nur durch eine weitere Eskalation erreicht werden dürfte. Der »Westen muss über Bodentruppen in Libyen nachdenken«, titelte etwa das »Handelsblatt« am 26. April. Allerdings verbietet die UN-Resolution 1973, auf deren Grundlage derzeit bombardiert wird, eine »Besatzungstruppe in jeder Form und auf jedem Teil der Republik Libyen«.

Um diesen eigentlich eindeutigen Passus zur Verhinderung einer Bodeninvasion zu umgehen, beschloss die Europäische Union bereits am 1. April den Einsatz »EUFOR Libya«. Offiziell handelt es sich dabei laut Mandat um »eine Militäroperation (…) zur Unterstützung der humanitären Hilfe in der Region«. Vorgesehen ist dabei ein Einsatz der EU-Kampftruppe (Battlegroup), an dem sich auch Deutschland beteiligen will. Hierdurch soll augenscheinlich der Weg für einen Bodenkrieg geebnet werden, wie der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat bestätigt: »Wenn man Bodentruppen zum Schutz humanitärer Konvois einsetzt, dann ist es bloß noch ein kleiner Schritt, bis man tatsächlich in Kampfhandlungen verwickelt ist.« Die Bundeswehr könne dadurch in eine Situation geraten, »in der man richtig Krieg führt«.

Das EUFOR-Mandat legt jedoch ebenfalls fest, dass die Prinzipien der humanitären Nothilfe über die Zusammenarbeit mit dem Militär »vollständig eingehalten« werden müssen. Diese sogenannten Osloer Richtlinien verpflichten zur strikten Neutralität und Unparteilichkeit sowie zum Respekt vor der Souveränität und territorialen Integrität des Landes, in dem humanitäre Hilfe geleistet wird. Im selben Atemzug heißt es im Mandat jedoch: »Die Planung und Durchführung der Operation erfolgt in enger Zusammenarbeit und Komplementarität mit (…) der Nordatlantikvertrags-Organisation und anderen Akteuren.«

Diese anvisierte »enge Zusammenarbeit« mit der NATO wäre eine klare Verletzung der Osloer Richtlinien. Das Militärbündnis führt in Libyen Krieg, es ist weder neutral noch unparteilich. Allerdings kann die EU laut EUFOR-Mandat erst agieren, »wenn sie vom Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) darum ersucht wird«. Ein solches Ersuchen liegt jedoch nicht vor; mehr noch, OCHA-Chefin Valerie Amos erteilte den Bestrebungen zur Militarisierung der humanitären Nothilfe in einer Pressekonferenz am 20. April eine klare Absage: »Wir dürfen nicht das Risiko eingehen, dass unsere Fähigkeit humanitäre Hilfe für alle bedürftigen Menschen zu leisten, davon beeinträchtigt wird, mit der laufenden Militäroperation in Verbindung gebracht zu werden.«

Dennoch steht die EU bereits in den Startlöchern, ein Hauptquartier für EUFOR Libya wurde bereits in Rom errichtet, während Valerie Amos gleichzeitig massiv unter Druck gesetzt wird: »OCHA sieht die humanitäre Hilfe sehr oft in Schwarz und Weiß: Sie wollen keine militärische Beteiligung, während wir manchmal meinen, dass es eine Notwendigkeit für eine militärische Hilfe gibt«, so der einflussreiche finnische Außenminister Alexander Stubb. Wenn die Europäische Union und ihre Einzelstaaten wirklich ein Interesse hätten, der Bevölkerung in Libyen zu helfen, so würden sie die Grenzen für Bürgerkriegsflüchtlinge öffnen, anstatt die »Festung Europa« immer höher zu errichten. Offensichtlich will man sich in Brüssel aber lieber unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe eine Vollmacht einholen, um den Krieg weiter eskalieren zu können.

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