Herr K. und der Prozess

Kachelmann-Urteil

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Das Urteil im Prozess gegen den TV-Wettermoderator Jörg Kachelmann (Foto: dpa) ist gesprochen – jedenfalls das juristische. Der Schweizer wurde am Dienstag vom Vorwurf der Vergewaltigung seiner Ex-Freundin vom Mannheimer Landgericht freigesprochen. Ab Dienstagabend wurde der Prozess im Fernsehen fortgesetzt. Die ARD widmete dem Ausgang des Verfahrens eine aktuelle Sonder-Reportage. Das macht der öffentlich-rechtliche Sender für gewöhnlich bei politisch brisanten Ereignissen (Irak-Krieg, G8-Gipfel) oder bei Naturkatastrophen (Erdbeben, Tsunamis). Der Fall Kachelmann muss also entweder politisch brisant oder eine Naturkatastrophe mit apokalyptischen Folgen gewesen sein.

Der Prozess wurde nach den Tagesthemen bei Sandra Maischberger auf dem TV-Sofa fortgesetzt (mit Alice Schwarzer als Chefanklägerin), im ZDF tagte man parallel bei Markus Lanz (ohne Schwarzer, dafür mit Johann Schwenn, dem Verteidiger Kachelmanns). Am Mittwoch ging es bei Frank Plasberg in »Hart aber Fair« in die nächste Runde (diesmal u.a. mit Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker). Im Titelthema klang schon an, dass das TV-Publikum keinesfalls mit Freispruch rechnen kann, sondern auf weitere Talkberieselung zum Thema gefasst sein muss: »Freispruch vor Gericht, aber lebenslänglich vor der Öffentlichkeit?« – müsste das nicht heißen: »lebenslänglich für die Öffentlichkeit?«

Und das waren erst die Hauptprogramme der Öffentlich-Rechtlichen. Eine Aufzählung der Kachelmann-Prozesse im Dritten und in den Privat-Sendern würde den vertretbaren Umfang dieses Textes sprengen.

Apropos apokalyptische Folgen: Die Nachrichtenagentur dpa vermeldete am Mittwoch, dass das Landgericht Mannheim den Namen der Ex-Geliebten Kachelmanns und Nebenklägerin in einer Mitteilung veröffentlicht hat – aus Versehen, wie ein Sprecher der Behörde betonte. Auch im Internet war der Name der Frau in der Pressemitteilung des Mannheimer Gerichts eine Zeit lang zu lesen.

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