Man muss »Leo« nur arabisch lesen

Panzerhersteller beklagt »restriktive Exportpolitik« – die Bundesregierung will sich »bessern«

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Es ist nicht das erste Mal, dass Leopard-Panzer nach Saudi-Arabien geliefert werden sollen. Schon vor rund 30 Jahren gab es Bestrebungen. Einer der Beförderer des Projekts war der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Jürgen Möllemann (FDP).

Von Möllemann stammt der Hinweis, man müsse, um die Bedeutung des Deals zu erfassen, den Panzernamen nur auf Arabisch, also rückwärts lesen. »Leo« – Oel. Der Handel scheiterte damals, weil Saudi-Arabien noch zu sehr in Frontstellung zu Israel stand. Im Herbst vergangenen Jahres gab es Bemühungen, die Lizenz-»Leos« aus Spanien zu kaufen. Offenbar hat das Mutterhaus in München den Export aus Deutschland verlangt, um hier brach liegende Produktionskapazitäten zu nutzen.

Es deutet vieles darauf hin, dass sich die Haltung der deutschen Regierung zu Rüstungsexporten in den arabischen Raum grundlegend geändert hat. Nicht nur, dass die Bundesregierung den Export von EADS-Grenzanlagen nach Saudi-Arabien unterstützt und dafür Bundespolizisten abstellt. Auch der jüngste Deal mit Algerien spricht nicht dafür, dass Deutschland – wie Außenminister Westerwelle (FDP) erst am Montag behauptet hatte – die Demokratiebewegungen jenseits des Mittelmeers unterstützt.

Der – gleichfalls geheime – Zehn-Jahre-Vertrag mit Algerien soll ein Volumen von zehn Milliarden Euro haben. Die Konzerne Rheinmetall und MAN wollten mit ihrem Joint Venture RMMV den Transportpanzer »Fuchs« in Algerien bauen. Bei Daimler gehe es um den Verkauf von Last- und Geländewagen. ThyssenKrupp plant Fregatten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dem algerischen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika bereits bei seinem Besuch im Dezember Hilfe beim Aufbau eines Grenzsicherungssystems angeboten, um die Flüchtlingsströme von Afrika nach Europa einzudämmen. Da tauchen »zufällig« wieder die »Grenzschützer« von EADS, Rhode & Schwarz und Carl Zeiss auf. Konkrete Exportgenehmigungen dürften nach höchster Order kein Problem mehr sein.

Deutschland ist laut dem Stockholmer Institut für Strategische Studien (SIPRI) Nummer 3 der Rüstungsexporteure. Auf der Hitliste der Profiteure – gemessen nach Umsatz – steht EADS oben. Es folgen Carl Zeiss, Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann. KMW, so wird der einstige Waggon- und Lokomotivenhersteller Krauss-Maffei Wegmann kurz genannt, produziert die gepanzerten Fahrzeuge Dingo, Mungo, Boxer, Puma, die Panzerhaubitze 2000 sowie den Kampfpanzer Leopard. Panzerbauen haben die fusionierten Firmen bereits unter den Nazis gelernt – und blendend dabei verdient. Auch heute geht das Geschäft – nicht zuletzt dank des Afghanistan-Krieges – gut. Doch, so meint Frank Haun, Vorsitzender der KMW-Geschäftsführung: »In keinem Land der Welt unterliegt die wehrtechnische Industrie stärkeren Exportbeschränkungen als in Deutschland.« Also liefern, wohin es irgend geht? Aber nein, man betrachte es schon als besondere Verantwortung, sich eine Meinung zu bilden, »wohin unsere Produkte besser nicht gehen sollten. Aber wenn Amerikaner, Franzosen und Briten, immerhin alle drei Demokratien und enge Verbündete unseres Landes, Staaten beliefern dürfen, die uns durch ein Berliner Veto versperrt sind, dann ist Wettbewerbsverzerrung eine Konsequenz«, so Haun. Diesem Standpunkt scheint sich die Bundesregierung anzuschließen und will sich »bessern«.

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