Rindfleisch mit Giftstoffen belastet

Deutscher Naturschutzring wirft Umweltministerium vor, die Schadstoffquellen nicht minimieren zu wollen

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Etwa die Hälfte aller Rindfleischproben in Deutschland weisen Gehalte an giftigen polychlorierten Biphenylen (PCB) auf, deren Wert die Suche nach den Ursachen erfordert. Doch anstatt diese zu ergründen, wurde auf Drängen der Bundesrepublik in Brüssel der EU-Auslösewert nach oben angepasst.

Dioxine und dioxinähnliche PCB sind giftig. In großen Mengen können sie Krebs erregen. Sie entstehen als Nebenprodukte bei chemischen Prozessen in der »Chlorchemie« und bei bestimmten Verbrennungsprozessen. Die schädlichen Substanzen werden über die Luft verteilt. Der Mensch nimmt sie über fetthaltige, vom Tier stammende Nahrung auf.

Insbesondere Rindfleisch ist hierzulande von dioxinähnlichen PCB betroffen. Nach Angaben des Deutschen Naturschutzringes (DNR) wurden in 48 bis 63 Prozent aller Rindfleischproben in Deutschland Belastungen durch PCB gemessen, die über dem Auslösewert von einem Pikogramm liegen. Wenn dieser Wert erreicht ist, sind die zuständigen Behörden und Unternehmen laut EU-Kommission dazu angehalten, die Ursachen für die hohe PCB-Belastung zu klären und Maßnahmen zur Beschränkung oder Beseitigung zu ergreifen. Ist der Höchstwert von 4,5 Pikogramm je Gramm Fett überschritten, darf das Fleisch nicht in den Handel gebracht werden.

Der DNR wirft dem Umweltministerium vor, die Quellen weder untersuchen noch minimieren zu wollen, obwohl dies auch vom Umweltbundesamt empfohlen wurde. Stattdessen habe sich das Ministerium wegen der hohen PCB-Belastungen in Deutschland bei der EU dafür eingesetzt, den EU-Auslösewert zu verdoppeln, um erst bei einem höheren Wert reagieren zu müssen. Dies wurde am Montag in Brüssel beschlossen. Das Umweltministerium erklärte, dass der bisherige Auslösewert europaweit niedriger gelegen habe als die Hintergrundbelastung und deswegen wenig Sinn ergebe.

Der Naturschutzring will dagegen die PCB-Werte weitgehend minimieren, damit eine Gesundheitsgefährdung der Verbraucher ausgeschlossen werden kann. »Schon kleine Mengen der Substanz sind giftig und können sich auf das Immun-, Hormon- oder Reproduktionssystem auswirken«, sagte DNR-Generalsekretär Helmut Röscheisen. Dioxinähnliche PCB können vom Körper nur sehr langsam abgebaut werden. Deswegen müssten die Quellen beseitigt werden, über die PCB in die Umwelt gelangen, forderte Röscheisen.

Ein Fortschritt war die PCB-Verbotsordnung vom Januar 1989. Vor allem durch die Verbesserung der Abgasreinigung bei Verbrennungsanlagen wurden seitdem die größten Schadstoffquellen eliminiert. Seit Mitte der 1990er Jahre verringerte sich die Dioxinbelastung der Luft jedoch nicht mehr. Und zwischen den Jahren 2000 und 2008 haben die Emissionen von PCB und Dioxinen sogar leicht zugenommen. Zu den wichtigsten Schadstoffquellen zählt der Deutsche Naturschutzring die Aufbereitung von Eisenerz, Recycling von Metall mit Kunststoffrückständen sowie mit Schweröl betriebene Schiffe. »Es handelt sich hierbei um grenzüberschreitende Probleme, also brauchen wir gemeinsame europäische Regelungen«, erklärte Röscheisen.

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