Leseprobe

Exil und Rückkehr

  • Lesedauer: 2 Min.

»Eine spätere Zeit wird feststellen müssen«, schrieb der Historiker Arthur Rosenberg (1889-1943) im Exil, »dass seiet 1933 eine lebendige und kritische Geschichtsschreibung im Deutschen Reich überhaupt nicht mehr existierte und gar nicht existieren konnte, und dass daher die kritische deutsche Geschichtswissenschaft seit 1933 nur noch in der Emigration weiterlebte.«

Die in den letzten Jahren intensiv betriebene Debatte über deutsche Historiker im »Dritten Reich« hat dieses harte Urteil – trotz mancher aufrechter Wissenschaftler, die sich im Staat Hitlers nicht brechen ließen – im Wesentlichen bestätigt. Umso wichtiger ist eine Sicht auf Leben und Werk damals exilierter deutscher Historiker, die sich mit vollem Recht als Alternative zu Hitler verstanden. Das politische Spektrum der Vertriebenen war sehr breit. Es reicht von national-konservativen Wissenschaftlern wie Hans Rothfels (1889-1970) oder Hans-Joachim Schoeps (1909-1980) bis zu entschiedenen Marxisten, so dem bereits parteilosen Arthur Rosenberg oder den KPD-Mitgliedern Ernst Engelberg und Jürgen Kuczynski. Juden und Nichtjuden, Männer und Frauen mussten flüchten. Die Exilstationen lagen auf vier Kontinenten: In England, den USA und Lateinamerika, in der Sowjetunion, der Türkei und natürlich in Palästina waren deutsche Historiker tätig. Die große Mehrzahl der Vertriebenen kehrte nicht auf Dauer nach Deutschland zurück.

Kaum Zweifel dürfte die Feststellung hervorrufen, dass die Gründerkohorte der DDR-Geschichtswissenschaft als Remigranten-Gruppe bezeichnete werden darf. Zu ihr gehörten Hermann Duncker, Albert Schreiner, Alfred Meusel, Leo Stern, Jürgen Kuczynski, Karl Obermann, Ernst Engelberg und Hans Mottek. Später stießen zu ihnen aus den sowjetischen Straflagern Arnold Reisberg und Wolfgang Ruge. Neben Rothfels und Schoeps entschieden sich zunächst sehr wenige Rückkehrer für die Westzonen bzw. die Bundesrepublik.

Aus Mario Kesslers Beitrag »Zwischen Exil und Rückkehr« in »Europa in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts. Festschrift zum 60. Geburtstag von Dr. Reiner Zilkenat« (150 S.), hg. v. der Arbeitsgemeinschaft Rechtsextremismus/Antifaschismus beim Parteivorstand der LINKEN, dort zu beziehen: Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin (gegen Porto 3 €).

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.