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Abschied im Tiefflug
Das WM-Ende in Mönchengladbach kommt schnell. Unten auf dem Rasen bedanken sich die Fußballerinnen nach dem Halbfinale noch bei ihren Fans, da wird oben schon eingepackt. Techniker entern die Medientribüne, ziehen Kabel und beginnen, die Flachbildschirme an den Arbeitstischen abzumontieren – sehr zum Leidwesen des französischen Journalisten hinter mir. Der schreibt noch an seinem Text und hätte eigentlich gerne die Übertragung der Pressekonferenz gesehen. »Keine Chance«, meint der Techniker knapp und eilt weiter.
Auch in der Interview-Zone wird aufs Tempo gedrückt. Drei Minuten für Fragen an die Spielerinnen. Dann werden sie kompromisslos vom Pressesprecher ein paar Meter weitergeschoben, noch mal kurz ein paar Worte und dann schnell in den Teambus. »Keine Zeit«, meint der Medienmanager der USA und zerrt auch seine letzte Spielerin hinaus – zum Leidwesen der deutschen Radioreporterin, deren Interview mit Megan Rapinoe mitten in der zweiten Antwort abgewürgt wird.
Früher als gedacht, geht es also mit dem Medienbus zum Bahnhof. Nicht früh genug allerdings für die südamerikanischen Kollegen auf der Rückbank, die noch ihren Zug nach Düsseldorf bekommen wollen. »Kein Problem«, sagt der Fahrer sehr zur Freude der Drängler und setzt zum Tiefflug an. Vollgas, wilde Spurwechsel, späte Bremsmanöver. Der Pilot gibt alles, die bleicher werdenden Insassen krallen sich in die Sitze, der Zug ist trotzdem weg. »Kein Problem«, meint der Fahrer. Er fährt sie nach Düsseldorf und fragt, ob er mich auch mitnehmen kann. »Nein danke, ganz lieb.« Ich warte gerne noch ein halbe Stunde auf den Zug. Mein Ende muss nicht so schnell kommen.
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