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Verbot auf gesetzlicher Grundlage

  • Oliver Friederici
  • Lesedauer: 4 Min.
Oliver Friederici, Jahrgang 1970, ist seit 1995 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin und seit 2009 verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.
Oliver Friederici, Jahrgang 1970, ist seit 1995 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin und seit 2009 verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion.

Die meisten Berliner müssen jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, zur Arbeit, zu Verwandten, zu Freunden usw. Häufig können sie sich kein Auto leisten und haben ein Recht darauf, dass sie nicht angepöbelt, bedrängt oder angegriffen werden. Es ist auch inakzeptabel, dass Kinder in Glasscherben treten.

Alle diese Beobachtungen und Vorfälle mache ich selbst als täglicher ÖPNV-Nutzer. Jeder Fahrgast weiß doch ehrlicherweise davon aus eigenen Erfahrungen zu berichten. Derlei Vorfälle und Straftaten zu verhindern, ist ganz klar Aufgabe des Staates, damit der Politik und Grundprinzip der CDU. Und mit der Zahlung des Fahrpreises muss auch selbstverständlich die persönliche Unversehrtheit garantiert sein.

Es ist unstrittig, dass übermäßiger Alkoholkonsum zu Gewalt führt, leider auch im ÖPNV. Gegen Fahrgäste, gegen das Personal von S-Bahn und Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und auch gegen Sachen. Lange wurde versucht von den Verkehrsbetrieben, mit guten Worten und Taten dem übermäßigem Alkoholkonsum zu begegnen, leider nur mit mäßigem Erfolg. Die Verkehrsbetriebe können es nicht durchsetzen. Es kommt weiter zu Straftaten, es werden Menschen geschlagen, und dies belegen ja leider die bewegten Bilder, die dies festhalten und die endlich dazu geführt haben, dass auch darüber öffentlich diskutiert wird.

Das Problem zu benennen und nachhaltig lösen zu wollen, ist auch nicht bieder, so wie dies SPD, Grüne und LINKE in ihrer eigenen Polemik bestreiten. Vielleicht sehen dieses Alkohol- und Gewaltproblem im ÖPNV ja auch die Senatsmitglieder und Fraktionsspitzen von SPD und Linkspartei nicht als wichtig an, eben durch die eigene Wahrnehmung, verursacht durch das eigene Verhalten: Nutzen doch die Berliner Senats- und Fraktionskoalitionäre selbst fast ausschließlich steuerfinanzierte Dienstwagen des Landes Berlin und umgehen damit – wissentlich oder unwissentlich – eigene Erfahrungen in Bussen und Bahnen. Entsprechendes politisches Nichthandelnwollen der derzeitigen Senatskoalitionäre ist ja auch zu sehen bei der Nichtlösung der seit dem 7. Januar 2009 anhaltenden S-Bahnkrise.

Und die Grünen: Die Pkw-Alkoholfahrt ihres geschassten Wahlkampfleiters André Stephan beweist, dass die sich dem Gutmenschentum verschriebene Partei allzu häufig selbst im privaten Pkw in Berlin unterwegs ist, andererseits in ihrer offiziellen Politik den privaten Autoverkehr für Jedermann behindert, wo es nur geht. Ist das ehrlich, sind sie da noch ernst zu nehmen, wenn sie sich über ihre Sicht der Zustände im ÖPNV äußern?

Auch ist es kein Argument, man könne das Alkoholverbot nicht durchsetzen: Die öffentliche Ordnung und Sicherheit für alle zu garantieren, ist Aufgabe der Politik im Rechtsstaat. Und dazu gehört auch die Überwachung selbstverständlicher Umgangsformen, beispielsweise endlich auch durch eine Kameraüberwachung und 48-Stunden-Videoaufzeichnung bei der U-Bahn, die nun endlich nach jahrelangen Forderungen der CDU vom Senat umgesetzt wird. In anderen Metropolen wie Paris, London, New York oder beispielsweise Riga, ist das Alkohol-Konsumverbot längst akzeptiert.

Die bislang ungenügenden Hausordnungen der Verkehrsbetriebe reichen eben nicht, es bedarf zusätzlich einer gesetzlichen Grundlage. Letztes gibt es in Berlin nicht, daher muss der politische Wille her und eine entsprechende gesetzliche Grundlage für die Umsetzung – das ist unser rechtsstaatliches Prinzip, so wie wir es in der CDU verstehen. Die Behauptung, es würde mehr kosten, ist abwegig: Der Senat spart seit inzwischen fast zweieinhalb Jahren monatelang Geld durch Minderleistungen der Berliner S-Bahn. Dieses Geld gehört den Fahrgästen und ist für bessere Verkehrsleistungen und unverzüglich für die Sicherheit der Menschen einzusetzen.

Ein konzertiertes, problemlösungsorientiertes Verfahren muss her: mehr Sicherheit durch Personal für Aufklärung, Einhaltung, Überwachung und Durchsetzung des gesetzlichen Alkoholkonsumverbots und Hilfe für die Betroffenen – sowohl für Opfer von Straftaten als auch für Menschen, die alkoholkrank sind und wirklich Hilfe brauchen. Dieser ganzheitliche Ansatz führt zur Lösung – Aufklärung, Überwachung der Einhaltung des Verbots, gegebenenfalls Bestrafung und selbstverständlich auch Hilfe für die betroffenen Menschen.

Das Rauchverbot bei der BVG vor mehr als 30 Jahren in West-Berlin durchzusetzen, war zunächst genauso umstritten: Es hat aber dazu geführt, dass die nicht rauchenden Fahrgäste nicht mehr belästigt werden in den Verkehrsmitteln. Denn es kann ja außerhalb der Verkehrsmittel geraucht werden, wo man sich aus dem Weg gehen kann.

Klar ist ja wohl auch: Wer nicht mehr im ÖPNV Alkohol trinken darf, wird weiter damit fahren, denn er möchte ja von A nach B. Wenn aber nicht mehr Alkohol im ÖPNV getrunken wird, werden wir endlich mehr Kunden für die Verkehrsmittel bekommen. Nämlich die, die sich bislang durch Alkoholkonsum belästigt fühlen und entsprechende Erfahrungen gemacht haben, subjektive oder objektive: Das sind gerade in den Abend- und Nachtstunden sehr viele Menschen. Genau diese Menschen in den ÖPNV zu bekommen, das muss unser aller Ziel sein.

Und ehrlich, es wird auch niemand verdursten durch das Alkoholverbot, auch die Getränkewirtschaft gerät nicht in die Krise – es gibt ja noch die nichtalkoholischen Getränke.

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