Träume vom gelingenden Leben

Das Montreux Jazz Festival: eitel Sonnenschein am Genfer See / Ausverkaufte Konzerte, Besucherrekord, Absagen an den Pizza-Vorwurf

  • Christoph Nitz, Montreux
  • Lesedauer: 2 Min.
Es hat auch bei der 45. Auflage des Montreux Jazz Festivals funktioniert – 16 Tage lang präsentierten sich Musiker nahezu aller Stilrichtungen dieser Welt am Genfer See. Einige Kritiker bezeichnen diese breite Mischung von Jazz, Soul über Rock und Alternative bis hin zu Gospel, HipHop und Elektro zwar abfällig als »Salat Nobs« oder auch als Pizza mit allem obendrauf. Die Organisatoren aber konstatieren: »Dieser eklektische Mix ist charakteristisch und sehr identitätsstiftend.«

Es hat auch bei der 45. Auflage des Montreux Jazz Festivals funktioniert – 16 Tage lang präsentierten sich Musiker nahezu aller Stilrichtungen dieser Welt am Genfer See. Einige Kritiker bezeichnen diese breite Mischung von Jazz, Soul über Rock und Alternative bis hin zu Gospel, HipHop und Elektro zwar abfällig als »Salat Nobs« oder auch als Pizza mit allem obendrauf. Die Organisatoren aber konstatieren: »Dieser eklektische Mix ist charakteristisch und sehr identitätsstiftend.«

Insgesamt 240 000 Menschen folgten in diesem Jahr dieser These und wollten sich Stars wie Santana, B.B. King, Sting, Paul Simon nicht entgehen lassen. Für das jüngere Publikum gab es viele kostenfreie Angebote – im Montreux Jazz Café gastierten Anna Calvi, The Vaccines, Reptile & Retard sowie Casadeur. Den Abschluss machte ein druckvolles Konzert der Montreux-Veteranen Deep Purple, die gemeinsam mit Orchester auf die Bühne traten. Und die natürlich die Hyme dieses Events – »Smoke on the Water« – mit auf den Weg in den Abend gaben.

Eher schwache Auftritte blieben die Ausnahem, etwa die langatmige Anekdotenstunde mit B.B. King oder Stings Unvermögen, seinem Material mittels der Bochumer Symphoniker neue Aspekte zu entlocken. Paul Simon verweigerte sich einer Oldies-but-Goldies-Kaffeefahrt und brach bewusst Konventionen, wenn er etwa »Here comes the Sun« ins Programm baute. Arcade Fire gaben bei ihrem einzigen Auftritt eine Kostprobe ihrer Virtuosität – die Indie-Rockband gilt derzeit als eine der stilprägensten ihres Genres.

Star des Festivals war der Posaunist, Trompeter und Sänger Trombone Shorty, der derzeit nicht nur die Miles Davis Hall in einen Hexenkessel verwandelt. Er musizierte dort stundenlang, anscheinend ohne an musikalischer Intensität zu verlieren.

Das Jubiläum konnte – bedingt auch durch das fast durchweg fabelhafte Wetter – neben dem Besucherrekord auch 18 ausverkaufte Konzertabende melden. Mit den Montreux Jazz Cafés in Flughäfen und Bahnhöfen soll die ständige Präsenz weiter ausgebaut und vor allem das enorme Filmarchiv einem jüngeren Publikum präsentiert werden.

Vielleicht kann man dieses Jahr mit zwei Blitzlichtern besonders kennzeichnen: Die 17-jährige Taylor Momsen von The Pretty Reckless sang, knapp bekleidet mit einem Metallica-Shirt, von Sex, Drugs und Rock’n Roll, während Diva Liza Minelli nach einer bald 50 Jahre andauernden Achterbahnfahrt durch Höhen und Tiefen hoffte: »Maybe this time I'll win.« Diese Mixtur aus unterschiedlichsten Träumen vom gelingenden Leben macht das Festival von Montreux so unverwechselbar.

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