Aachens Dom saniert, Kasse leer

Am Gotteshaus des Kaisers Karl ist der Verfall gestoppt. Doch woher kommt das Geld für die Pflege?

  • Elke Silberer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Für Geldgeber könnte es die falsche Botschaft sein: Der Aachener Dom ist saniert, der Verfall ist gestoppt. Was braucht er da noch Geld, könnte man meinen. Dombaumeister Maintz schnallt den Gürtel schon mal enger.

Aachen. Kaiser Karl hätte Freude: Seine Pfalzkapelle steht gut und schön da, wie nie in jüngerer Zeit. Kein Rost in den Eisenträgern, die Risse im Gemäuer sind saniert, das Dach dicht, und die großen, eleganten Fenster der Chorhalle zeigen endlich wieder Farbe und sind dicht. Die Mosaike im Innenraum glitzern selbst an ganz trüben Tagen. Dombaumeister Helmut Maintz ist erleichtert. Nach 25 Jahren Arbeit und 35 Millionen Euro Investition ist der Verfall des Weltkulturerbes gestoppt.

Steinschlag beim Bäcker

Das Geld kam zu je einem Drittel aus Spenden, öffentlichen Mitteln und vom Dombauverein. Als in den 80er Jahren ein Stein von der Säule der Chorhalle ins Schaufenster einer Bäckerei donnerte, wurde es allerhöchste Zeit. Es folgten dramatische Spendenaufrufe, immer kletterten Handwerker gut sichtbar auf den Gerüsten.

Nun ist es geschafft. Leichten Fußes steigt Maintz noch mal über ein Baugerüst in die Kuppel, um zu zeigen, wie toll das Kuppelmosaik geworden ist, die letzte Etappe. Ein Motiv aus dem Alten Testament mit dem thronenden Weltenherrscher Jesus und den 24 »Ältesten«, die ihm bei der Apokalypse ihre Kronen darbringen. Darunter die Apostel, Maria, Erzengel. 10 000 farbige Glassteinchen pro Quadratmeter, in denen sich das Licht bricht. Atemberaubend. 4000 Besucher genossen während der Sanierung diesen beeindruckenden Anblick – für je 10 Euro. »Die Leute haben das dankbar bezahlt. Das war eine einmalige Gelegenheit«, sagt Maintz. Und es war ein willkommener Zuschuss für die Sanierungskasse.

Das liebe Geld – dabei gibt es doch auch andere schöne Themen: Wie der bei den Bauarbeiten gefundene Beweis, dass Karl den Dom hat bauen lassen. »Ein Highlight, ein Glücksfall«, sagt Maintz und kann sich heute noch darüber freuen: Unter dem nordöstlichen »Pfeiler 7« liegt das Fundament auf Eichenhölzern. Das Holz stammt frühestens aus dem Jahr 798.

Kaum ein anderer steht dem Dom so nah wie der 52-Jährige Dombaumeister. Und in ruhigen Minuten sagt er sich: »Hast Du ein Glück, dass Du da dran darfst.« Als einziger hat er den ganzen Sanierungs-Marathon begleitet, zuerst als Assistent des Dombaumeisters, dann als Meister. Aber gemessen an 1200 Jahren eben doch als ein »kleines Rädchen«.

In den nächsten Wochen verschwindet das Gerüst. Die Dombesucher werden staunen. Maintz runzelt die Stirn: »Wenn kein Gerüst mehr steht, spenden die Leute weniger«, sagt er fern vom Zauber in der Kuppel. Als es um die dramatische Rettung des Doms ging, standen die Aachener wie ein Mann hinter ihrem Dom. 10 Millionen Euro Spenden und 5000 Paten sagen alles.

1,5 Millionen Besucher

300 000 Euro braucht das Domkapitel pro Jahr, um den Dom in Schuss zu halten. Mit den öffentlichen Geldgebern muss man in 2014 neu verhandeln. Nach der Sanierung ist der Unterhalt wichtig, Maintz nennt das »die pflegende Hand«. »Kein Eigenheimbesitzer lässt aus einer kaputten Dachrinne 20 Jahre lang das Wasser rauslaufen.« Das macht das Domkapitel am Dom auch nicht. Aber statt einer neuen Dachrinne werden Löcher gerne mal geflickt. Willkommen im Alltag.

Immer mal wieder steht auch bei Dombauten das Thema Eintritt im Raum. Der Dombaumeister macht mit Blick auf die große Spendenbox am Eingang des Aachener Doms eine andere Rechnung auf: »Pro Jahr kommen 1,5 Millionen Besucher in den Dom. Wenn wir nur von jedem Dritten einen Euro bekämen, wären wir ein ganzes Stück weiter.«

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