Gericht verhindert Anti-EU-Hetze der NPD

Auch Gegenaktionen in Leipzig verboten / Kritik an Beschneidung der Versammlungsfreiheit

  • Hendrik Lasch, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.
Den Gerichts-Pingpong vor einer für Samstag geplanten Anti-EU-Kundgebung am Leipziger Völkerschlachtdenkmal hat die NPD verloren. Die Organisatoren der ebenfalls weitgehend ausgefallenen Gegenaktionen kritisierten Einschnitte beim Versammlungsrecht.

Die Botschaft lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen: »Nur Hunde brauchen einen Führer«, steht mit Kreide auf den Parkplatz am Völkerschlachtdenkmal geschrieben. Die Bemerkung hatten Bürger am Freitag für die Anhänger der NPD hinterlassen, die sich am Samstag erstmals seit 1998 vor dem geschichtsträchtigen Monument hatten treffen wollen. Die Partei hatte zu einer Kundgebung mit Konzert geladen, auf der gegen eine angebliche Fremdbestimmung der Bundesrepublik durch die EU gewettert werden sollte. Doch die Veranstaltung fiel aus: Ein von der Stadt verhängtes Verbot dieser wie auch aller Gegenveranstaltungen wurde gerichtlich bestätigt.

Dabei hatte es wie oft vor derartigen Aufmärschen ein juristisches Pingpongspiel gegeben. Das Leipziger Verwaltungsgericht war der Argumentation der Stadt, wonach in Leipzig am Samstag polizeilicher Notstand herrsche, nicht gefolgt.

Es hatte freilich der NPD bereits eine erste kleinere Niederlage beschert, indem deren Veranstaltung vom symbolträchtigen Völkerschlachtdenkmal zum Hauptbahnhof verlegt wurde. Die Stadt indes hielt an ihrer Argumentation fest: Weil in Leipzig am Schulanfangs-Wochenende eine Oldtimer-Rallye und ein großes Freiluft-Musikfestival abzusichern seien und aus anderen Bundesländern nicht genügend Polizisten hinzugezogen werden könnten, könne man nicht für die Sicherheit garantieren. Das Rathaus rief das Oberverwaltungsgericht an. Die Bautzener Richter teilten kurz vor Mitternacht mit, es spreche einiges für die Argumentation der Stadt, weswegen die Demonstrationsfreiheit »ausnahmsweise zurücktreten« müsse.

Die NPD rief danach noch das Bundesverfassungsgericht an. Aus Karlsruhe hieß es am Samstag vormittag aber, dass man aufgrund der Kürze der Zeit nichts entscheiden werde. Es stehe der NPD indes frei, im Nachhinein eine Verfassungsbeschwerde einzureichen.

Im Garten des Leipziger Volkshauses stieß diese Nachricht nur teilweise auf Zustimmung. Hinter dem Gewerkschaftshaus sammelten sich Anhänger des Bündnisses »Leipzig nimmt Platz«, das zu umfangreichen Protesten aufgerufen hatte, von dem Verbot aber ebenfalls betroffen war. Während das Verbot gegen die NPD bei manchen jedoch auf Zustimmung stieß und man daran erinnerte, dass die Stadt früher häufig zu Verbotsbemühungen gedrängt wurde, beklagte das Bündnis in einer nächtlichen Presseerklärung die »Außerkraftsetzung der Versammlungsfreiheit«.

Der tiefe Einschnitt in die demokratischen Grundrechte sei nicht nachzuvollziehen. Die Leipziger Polizei, hieß es spitz, scheine »bundesweit die einzige zu sein«, die das Absichern einer Nazikundgebung und des demokratischen Protests »nicht bewältigen« könne.

Dennoch schien es zunächst keine Alternative zu einer stationären Sommerparty mit Musik zu geben, die zum »größten Freiluftkonzert am Leipziger Volkshaus« erklärt wurde: Im Stadtzentrum zeigte die Polizei flächendeckend starke Präsenz und zerstreute Gruppen potenzieller Demonstranten. Weil es allerdings ruhig blieb, wurde am Nachmittag eine Spontandemonstration unter dem Titel »Das Problem heißt Sachsen« erlaubt; rund 400 Menschen zogen dabei durch die Stadt, bevor hinter dem Volkshaus das Musikprogramm weiterging.

Die NPD hatte derweil ihre Anhänger wie angekündigt umgeleitet und auf ein privates Grundstück in der Gemeinde Roda bei Grimma geladen. Nach Polizeiangaben waren 100 Anhänger dem Aufruf gefolgt. Am Völkerschlachtdenkmal fotografierten Touristen währenddessen ein eher ungewöhnliches Motiv: Das Monument zierte ein von der Stiftung Völkerschlachtdenkmal organisiertes Anti-Nazi-Transparent von enormen Ausmaßen.

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