Panzer als Spielplatz

Bundeswehr stellt klar: Kinder dürfen auf Kriegsgerät herumtollen

  • Frank Brendle
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Bundeswehr nutzt die kindliche Faszination für Technik und Waffen aus. Ihr seien die Rekrutierungsziele wichtiger als der Kinderschutz, kritisiert »Terre des hommes«.

Die Bundeswehr legt es darauf an, Kinder noch mehr für den Krieg zu begeistern. Ein jetzt bekannt gewordener interner Erlass erlaubt es Eltern, ihre Kleinen auf und in Panzern, Flugzeugen und anderem Kriegsgerät spielen zu lassen. Die Bundeswehr stand erst vor wenigen Wochen in der Kritik, als Kinder beim Tag der offenen Tür in einer bayerischen Kaserne ein Miniaturdorf namens »Klein-Mitrovica« im wahrsten Wortsinn ins Visier nehmen durften. Sie konnten auch ungehindert ausgestellte Maschinenpistolen und andere Waffen in die Hände nehmen. Letzteres untersagt eigentlich ein Erlass zur Informationsarbeit der Bundeswehr.

Dieser Erlass wurde allerdings bereits zu Jahresbeginn erheblich aufgeweicht. Die Neufassung liegt ND vor. Bisher hieß es, Kinder und Jugendliche dürften »keinen Zugang zu Handfeuerwaffen oder Munition erhalten. Für ausgestellte Waffensysteme gilt dies adäquat.« Die Neufassung bleibt beim Verbot des Zugangs zu Handfeuerwaffen, Waffensysteme hingegen gelten jetzt als kindergeeignet: »Schiffe, Flugzeuge sowie nicht-handelsübliche Fahrzeuge der Bundeswehr sind keine Waffensysteme im Sinne des Waffengesetzes«, heißt es in einer Fußnote. Panzer sind damit zum Beklettern uneingeschränkt freigegeben. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte auf Anfrage, die Neufassung präzisiere lediglich die bisherige Praxis: »Die Präsentation von Großgerät der Bundeswehr wurde und wird durch keine Rechtsnorm untersagt. Kinder und Jugendliche konnten schon immer ausgestelltes Großgerät besichtigen.«

Bisher hatte es dabei allerdings Unklarheiten gegeben. Selbst Kindern von Bundeswehrangehörigen blieb es manchmal untersagt, »das Innere der Kampfpanzer/Spürpanzer zu besichtigen«, wird etwa im Internetforum »Soldatenglück« berichtet. Zur Begründung hätten die aufsichthabenden Soldaten angeführt: »Keine Kinder in Panzern, denn dies sind auch Waffen«. Aus Sicht der Bundeswehr war das nur ein »Missverständnis«, das nun ausgeräumt ist. Aus Sicht von Monty Schädel von der Deutschen Friedensgesellschaft hingegen ist es schier »unglaublich, dass Kinder in Kampfflugzeugen und Panzern herumtollen und alles nutzen können. Kriegssysteme sind kein Spielplatz«, so Schädel.

Die Kinderschutzorganisation »terre des hommes« (tdh) übt ebenfalls scharfe Kritik an der Bundeswehr. Diese nutze die kindliche Faszination für Technik und Waffen aus, »um die eigenen Rekrutierungsziele zu erreichen«, so tdh-Sprecher Ralf Willinger. Die Abschwächung der Vorschriften verdeutliche, dass der Bundeswehr die Rekrutierungsziele wichtiger seien als der Kinderschutz.

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