Silvia Neid hat etwas erkannt

Turbine-Trainer Bernd Schröder im Interview

  • Lesedauer: 3 Min.
Unangefochten zieht Meister 1. FFC Turbine Potsdam in der Bundesliga seine Kreise: Vier Spiele, vier Siege, kein Gegentor. Am Sonntag ist der Überraschungsvierte Essen-Schönebeck zu Gast im Karl-Liebknecht-Stadion. Über Potsdams Paradesturm, die WM 2011 und das Verhältnis zu Bundestrainerin Silvia Neid sprach ND mit Trainer BERND
● Herr Schröder, sind Sie ein Fan von Huub Stevens?

Nein. Ich kann überhaupt nicht der Fan von einem Männertrainer sein, von einem, der hundert Mal den Verein wechselt, rausgeschmissen wird und dann beim Gegner unterschreibt. Wenn es jemanden gibt, der mir bei den Männern ein Vorbild ist, dann ist es Alex Ferguson bei Manchester United: Großes Konzept, Beständigkeit. Wir sind beide auch ein Jahrgang.

● Die Frage zielte auf Huub Stevens Credo ab: Die Null muss stehen! Bei Turbine steht sie, und wie: 11:0 Tore nach vier Spielen!

Die allgemein defensive Orientierung von Stevens gefällt mir aber nicht. Turbine spielt anders: drei Stürmer, vier Mittelfeldspieler, drei in der Abwehr. Wir haben nicht die beste Abwehr über Jahre hin, weil wir so gut in der Defensive sind oder weil das System komplett klappt. Sondern weil der Angriff die erste Abwehrreihe ist.

● Ihr Angriff ist das Prunkstück: Die WM-Stars Genoveva Anonma und Yuki Nagasato harmonieren bestens: In der Liga traf Anonma viermal, Nagasato zweimal. So haben Sie sich das vorgestellt, oder?

Ja, klar. Wir haben schon zuvor über viele Jahre hinweg mit dem Angriffstrio Wimbersky, Pohlers, Mittag die überragende Offensive der Liga gehabt. Und jetzt ist es wieder so. Man braucht vorne einfach Spielerinnen, die treffen. Im Frauenfußball könnte man niemals wie Stevens taktieren: Nur die Null hinten halten und vielleicht mal über einen Konter ein Tor machen.

● Wie sehr vermissen Sie Vorzeigestürmerin Fatmire Bajramaj, die nach Frankfurt wechselte?

Es wäre jetzt falsch, wenn ich sage: gar nicht. Zwei Jahre war sie bei uns. Das erste Jahr hat sie eine Weltklasseleistung geboten, im zweiten lief es nicht mehr so gut. Das lag aber nicht nur an ihr, sondern auch an dem Rummel, der vor der WM um sie gemacht wurde.

● Hat die WM etwas gebracht im Ligaalltag? 1718 Zuschauer waren am Sonntag in Wolfsburg dabei, als Turbine dort antrat!

In Wolfsburg war das so. Auch wir hatten zu Hause wohl 200, 300 Zuschauer zusätzlich. Wir haben aber auch Nagasato und Anonma – zwei Stars der WM. Das wollen die Leute sehen. Doch Leverkusen z.B. hatte am Sonntag nur 300 Zuschauer. Man kann also nicht von einem Boom sprechen.

● Haben Sie sich schon mit Bundestrainerin Silvia Neid getroffen, mit der während der WM ein offener Streit entbrannt war?

Ja. schon längst, ich habe erst vorgestern mit ihr telefoniert. Das Verhältnis hat sich deutlich verbessert: Wir haben gewisse Dinge wohl jeweils ganz anders wahrgenommen. Silvia Neid war am Sonntag in Wolfsburg, und das ist für mich ein Zeichen dafür, dass sie etwas erkannt hat. Denn den Leuten hier in Potsdam war nie verständlich, dass die Nationaltrainerin nie bei einem unserer Spiele zu sehen war, dass immer die Co-Trainerin kam. Da fühlte sich irgendwann das gesamte Umfeld brüskiert, die Region. Im November will Silvia Neid nun selbst nach Potsdam kommen. Gut so.

Gespräch: Jirka Grahl
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