Hoffnung für Qualifizierte
Gesetz soll Prüfung ausländischer Abschlüsse beschleunigen
Mit ihrem Beschluss eines neuen Anerkennungsgesetzes für ausländische Berufsabschlüsse will die Bundesregierung endlich ihr Versprechen für eine bessere Integration von Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt einlösen. Beschlossen wurde es in der letzten Woche. Das derzeitige Problem existiert allerdings nicht erst seit dieser Legislaturperiode. Viele Migranten aus Nicht-EU-Ländern haben bisher das Problem, dass sie zwar in ihrer Heimat eine Berufsausbildung erfolgreich absolviert haben, dieser Abschluss in Deutschland aber nicht anerkannt wird oder sich eine Überprüfung über Jahre hinzieht, was viele Einwanderer in der Vergangenheit in wirtschaftliche Existenznot brachte. Nicht selten kommt es deshalb für viele Hochqualifizierte zu absurden Situationen auf dem Arbeitsmarkt: Eine türkische Ärztin wird zur Putzfrau oder ein irakischer Ingenieur zum Taxifahrer degradiert. Das neue Gesetz soll nun dazu dienen, zahlreiche ausländische Berufsausbildungen, so im Handwerk oder der Verwaltung, deutlich schneller als bisher anerkennen zu lassen. Künftig haben Migranten einen Anspruch auf die Überprüfung ihrer Qualifikation innerhalb einer dreimonatigen Frist. Von dieser Regelung profitierten bisher nur Einwanderer aus anderen EU-Mitgliedsstaaten und die so genannten Spätaussiedler.
Allerdings enthält das Gesetz zahlreiche Lücken, denn die vereinfachte Anerkennung bezieht sich nur auf rund 350 Ausbildungsberufe, für welche der Bund zuständig ist. Die Prüfung - etwa von Erziehern und Ingenieurabschlüssen - obliegt dagegen den Ländern, welche zwar individuell an einer Neureglung arbeiten, was sich allerdings je nach Bundesland noch längere Zeit hinziehen kann. »Das Anerkennungsgesetz ist überfällig. Es ist ein wichtiger Schritt, damit Zuwanderer eine ihrer Qualifikation entsprechende Arbeit finden können«, erklärt Professor Klaus Bade, der Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Aus seiner Sicht kommt die Neureglung aber für viele Migranten zu spät, da sie sich bereits mit ihren aus der Not gewählten »Ersatzkarrieren« arrangiert hätten. Neuzuwanderern biete das Gesetz jedoch eine »entscheidende Verbesserung«, stellt Bade fest. Allerdings ist eine garantierte Prüfung des Berufsabschlusses innerhalb von drei Monaten für die Betroffenen noch keine Garantie dafür, ob ihre Qualifikation auch tatsächlich anerkannt wird und sie damit in ihren Ausbildungsberufen in Deutschland arbeiten dürfen. Fehlt etwa eine bestimmte Teilqualifikation, ist eine Nachqualifikation nicht in allen Fällen möglich. Wenn doch, dann fehlt es den Zuwanderern an einer finanziellen Unterstützung zur Absolvierung der entsprechenden Kurse und Prüfungen, kritisiert der SVR-Vorsitzende.
Auch SPD, LINKE und Grüne fordern deshalb deutliche Nachbesserungen am Anerkennungsgesetz und drohen bereits damit, die Neureglung im Bundesrat notfalls scheitern zu lassen, wenn Schwarz-Gelb nicht zu deutlichen Korrekturen bereit ist. »Der Gesetzentwurf enthält keinen Anspruch auf Beratung und Begleitung der Betroffenen im Verfahren«, bemängeln die beiden Bundestagsabgeordneten der Grünen Krista Sager und Memet Kilic. Sie werfen der Regierung in einer Stellungnahme vor, deutlich hinter den 2009 in einem Eckpunktepapier selbst gesteckten Zielen zurückzubleiben. »Völlig offen bleibt, wer zukünftig für Qualitätssicherung, Einheitlichkeit und Fairness der Anerkennungsverfahren und Bewertungskriterien sorgt«, so Sager und Kilic.
Ähnlicher Meinung ist auch die Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Aydan Özuguz. Die Sozialdemokraten fordern unter anderem einen Rechtsanspruch auf Beratung und einen Anspruch der Zuwanderer auf Qualifizierungsmaßnahmen. »Es bleibt zu hoffen, dass der Bundesrat dieses unzulängliche Gesetz stoppt«, erklärt Özuguz.
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