Schwarz-Gelb sagt Nein zu mehr Wohnheimen

Niedersachsens Regierung ignoriert Defizit

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit 14,5 Millionen Euro jährlich unterstützt das Land Niedersachsen die Studentenwerke in Hannover, Braunschweig, Göttingen, Osnabrück und Oldenburg. Im Jahr 2012 und 2013 kommen jeweils drei Millionen Euro hinzu, um den vielen Studienanfängern gerecht zu werden. Doch auch weiterhin werden wohl hunderte Wohnheimplätze fehlen.

Noch nie gab es in Niedersachsen so viele Studienanfänger wie zum Wintersemester des laufenden Jahres. SPD und LINKE forderten deshalb jetzt im Landtag, die Landesregierung möge Geld für zusätzlichen Wohnraum für Studierende bereitstellen. Doch die schwarz-gelbe Regierungsmehrheit lehnte ab.

Durch das Verkürzen der Schulzeit für Abiturienten auf zwölf Jahre gibt es einen doppelten Abiturjahrgang. Auch das Aussetzen der Wehrpflicht hat dazu beigetragen, dass 2011 und 2012 etwa 11 300 Studienanfänger mehr als in den Vorjahren zu den Universitäten und Hochschulen streben. Rund 13 Prozent der Studierenden in Niedersachsen leben in Wohnheimen. Bleibt dieser Wert konstant, fehlen mit Blick auf die Erstsemester 1500 Heimplätze.

Sanierung notwendig

Die niedersächsische SPD hatte in ihrem Antrag zu bedenken gegeben, dass das Leben in einem Wohnheim für durchschnittlich 200 Euro Miete einschließlich Nebenkosten die preisgünstigste Wohnform für Studierende ist. Andere Bundesländer, so die Sozialdemokraten, fördern daher zusätzliche Wohnheimplätze. Bayern beispielsweise stellt Geld für den Bau von rund 4000 Studentenwohnungen zur Verfügung. Baden Württemberg will 3000 neue Unterkünfte fördern, Hessen allein in Darmstadt 700. Auch Thüringen hat angekündigt, den Bau neuer Studentenwohnheime zu unterstützen.

Die in Niedersachsen vorhandenen Wohnungen, die in der Obhut des Studentenwerkes liegen, sind zum Großteil sanierungsbedürftig. Für die notwendigen Arbeiten möge das Land ebenso finanzielle Mittel bereitstellen wie für neue Wohnheimplätze, forderte die SPD. Auch sollten Wohnheime in den Förderkatalog des Wohnraumförderungsgesetzes aufgenommen werden.

Wenige Tage vor der Plenarsitzung des Landtages hatte Niedersachsens Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) bekannt gegeben, das Land werde in den kommenden zwei Jahren neben der planmäßigen Jahresleistung von 14,5 Millionen Euro den Studentenwerken in Hannover, Braunschweig, Göttingen, Osnabrück und Oldenburg in den Jahren 2012 und 2013 jeweils zusätzlich drei Millionen Euro zu bewilligen. Das sei zu begrüßen, erklärte der hochschulpolitische Sprecher der Linksfraktion, Victor Perli. Ungelöst aber bleibe die Lage bei den älteren Wohnheimen und auf dem Wohnungsmarkt. Allein für Sanierungen von Wohnheimen in Göttingen, Hannover und Braunschweig, so Perli, fehlen über 100 Millionen. »Ministerin Wanka lässt Studierende im Regen stehen, die auf der Suche nach günstigem Wohnraum sind«, bekräftigte der LINKE-Politiker.

Die von Ministerin Wanka angekündigten Gelder seien »ein Tropfen auf den heißen Stein«, meinte die Abgeordnete Silke Lesemann (SPD) und erinnerte: Die in den 60er- und 70er-Jahren errichteten Studentenwohnheime in Niedersachsen litten unter Sanierungsstau. Wichtig seien preisgünstige Wohnheimplätze auch mit Blick auf Studierende aus anderen Ländern. Noch immer gebe es Vermieter, die ausländischen Studenten ablehnend gegenüber stehen, sagte Lesemann.

Die FDP ist entspannt

Gabriele Heinen Kljajic (Grüne) mahnte, wenn nicht genügend Wohnplätze zur Verfügung stünden, würde sich mancher junger Mensch gegen ein Studium entscheiden. Dadurch aber gingen die im internationalen Wettbewerb benötigten »Fachkräfte von morgen« verloren.

Doch diese und andere Bedenken der Opposition hinsichtlich fehlender Wohnheimplätze wurden von Schwarz-Gelb ruck, zuck abgebügelt. Ministerin Wanka hielt ihre Zuwendungen für ausreichend, Editha Lorberg erklärte namens der CDU-Fraktion, weitere Wohnheime seien wirtschaftlich nicht vertretbar, und die wissenschaftspolitische Sprecherin der FDP, Almuth von Below-Neufeldt, wusste zu verkünden, der Wohnungsmarkt in Niedersachsen sei doch »entspannt«. Der demografischen Entwicklung zufolge werde die Zahl der Studierenden abnehmen. »Hände weg vom Bau neuer Studentenwohnheime«, forderte die Abgeordnete.

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