Leseprobe

Jobvermittler

  • Lesedauer: 2 Min.

Was sagt ein arbeitsloser Physiker zu einem, der Arbeit hat? »Eine Tüte Pommes, bitte!« Jaja, haha. Nicht wirklich komisch. Dass Akademiker Taxi fahren oder Kinotickets abreißen, ist schließlich nichts Neues. Seit ich aber als Dozentin und Jobvermittlerin auch Physiker bei ihrer Jobsuche begleite, so wie auch zahlreiche Metaller und Schweißer, Lageristen oder Büro- und Einzelhandelskaufleute, seitdem weiß ich mit Sicherheit: Kein arbeitsloser Physiker würde einen so begehrten Job wie Pommesverkäufer bekommen.

Unsere Auftraggeber sind in erster Linie Arbeitsagenturen und Jobcenter (ARGEN) ... Die Agenturen für Arbeit kümmern sich um Leute, die direkt aus dem Job heraus Arbeit suchen und das noch nicht länger als ein Jahr. Die ARGE (Abkürzung für Arbeitsgemeinschaften nach dem SGB II, auch bekannt als »Jobcenter«) sind für die angehenden oder bereits etablierten Langzeitarbeitslosen zuständig. Während Erstgenannte das klassische Arbeitslosengeld zahlen, beziehen die Betreuten der Jobcenter Hartz IV. Da die staatlichen Arbeitsvermittler unter Erfolgsdruck stehen, weisen sie uns gerne sogenannte »Kaderleichen« zu - Teilnehmer, die aus unterschiedlichen Gründen nur äußerst schwer zu vermitteln sind. Der Vorteil für unsere Auftraggeber: Sie müssen sich einige Wochen oder Monate nicht um diese arbeitslosen Kunden kümmern und haben sie gleichzeitig aus der Statistik. Denn komplett alle an Bildungsträger vermittelten Arbeitslosen wie Ein-Euro-Jobber, Kurzarbeiter oder mit Jobcenter-Geld unterstützte sozialversicherte Geringverdiener sind offiziell in Arbeit.

Aus dem Vorwort von Ina Freiwald zu »Können Sie strippen? Aus dem Alltag einer Jobvermittlerin« (Riemann, 315 S., br., 16,95 EUR).

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