Ohne einzuholen

Kommentar von Uwe Kalbe

  • Lesedauer: 1 Min.

Wenn man Gründe sucht für Politikverdrossenheit - einen findet man in den ewig wiederkehrenden Berichten der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit. Ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb, immer hört man die gleichen Beschwichtigungen, die man auch Schönfärberei nennen kann, ohne jene Übertreibung bemühen zu müssen, von der sie selbst leben. Dem Osten gehe es besser, seine Wirtschaftsparameter glichen sich denen des Westens an, nur leider, leider reiche der Aufschwung noch nicht, um den Anschluss zu schaffen.

Dass die Menschen die Lage realistischer einschätzen, zeigt die anhaltende Ost-West-Abwanderung. Eine selbsttragende Entwicklung ist in den neuen Ländern nicht in Sicht, der Abstand des Bruttoinlandsprodukts wie der Arbeitsproduktivität zum Westen verringert sich seit Jahren praktisch nicht. Dem Osten zu bescheinigen, er sei prima durch die Krise gekommen, gleicht der Freude über den Bergmann, der bei der letzten Schicht keinen Sonnenbrand davongetragen hat. Gründe sind eben die schwachen Industriestrukturen, relative Exportunabhängigkeit und der »stabile« Niedriglohnsektor. Dafür baut sich hier eine spezifische Altersarmut auf. Der Osten wird dann überholen ohne einzuholen.

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