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Sächsisches Schweigen

Regierungserklärung erst nächsten Mittwoch

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
Obwohl die Aktivisten des »Nationalsozialistischen Untergrunds« lange in Sachsen lebten, hat sich die Staatsregierung zu deren Treiben bisher nicht geäußert. Erst nächste Woche spricht der Innenminister im Landtag.

Zum Glück gibt es Facebook - anderenfalls könnte man den Eindruck gewinnen, Sachsens Staatsregierung habe noch nicht mitbekommen, dass in Westsachsen seit womöglich zwölf Jahren die Aktivisten einer braunen Terrorzelle gelebt haben. Politiker in Bund und vielen Ländern geben erschütterte Statements zum Treiben des Trios sowie zur Rolle des Verfassungsschutzes ab. In Thüringen, von wo die Mitglieder des »Nationalsozialistischen Untergrunds« stammen, hielt die CDU-Ministerpräsidentin am Mittwoch eine Regierungserklärung. Und Sachsen? In Sachsen herrscht Funkstille.

Lediglich ein kurzer Facebook-Eintrag des CDU-Innenministers Markus Ulbig belegt, dass man die Vorgänge zur Kenntnis nimmt - auch wenn er nicht den Eindruck erweckt, man könne viel zur Aufklärung beitragen. Er sei alarmiert vom Fall der »Thüringer Rechtsextremisten«, schrieb Ulbig im sozialen Netzwerk und verwies damit nach jenseits der Landesgrenze. Er fügte hinzu, diese Form der Radikalisierung sei »bisher offenbar niemandem bekannt«; wie es dazu kommen konnte, müsse nun »dringend aufgeklärt« werden.

Auch wenn der Eintrag auf Ulbigs Facebook-Pinnwand den Eindruck erweckt, der Minister sei für die Bäckerinnung oder Talsperren zuständig, ist es doch genau der CDU-Politiker selbst, von dem viele im sächsischen Landtag derlei Aufklärung erwarten. Schließlich untersteht ihm unter anderem das Landesamt für Verfassungsschutz.

Bis gestern verhallten Appelle von LINKE und SPD, die eine Regierungserklärung verlangten, jedoch ungehört. Der Druck wurde freilich immer stärker. So forderte auch der DGB, die Rolle der Sicherheitskräfte in Sachsen »rückhaltlos« aufzuklären, wie Landeschefin Iris Kloppich formulierte. Ulbig berief immerhin die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) ein und kam damit einem Ansinnen der LINKEN zuvor; das fünfköpfige Gremium kommt am Montag zu einer Sondersitzung zusammen und hört einen Bericht der Verfassungsschützer. Die Sitzung ist aber geheim. Am gleichen Tag wird sich auf Antrag der Grünen der Innenausschuss mit dem Thema befassen.

Erst am Mittwoch wird es dann, so wurde gestern entschieden, die Regierungserklärung geben, wenn auch nicht, wie in Thüringen, vom Regierungschef. Danach folgt eine breite Debatte. Die LINKE hat einen Entschließungsantrag angekündigt. Sie hatte zuvor bereits eine unabhängige Untersuchungskommission gefordert. Weil ein solches Gremium inzwischen in Thüringen berufen wurde, drängt man jetzt wenigstens auf die intensive Einbindung Sachsens.

Die Behörden im Freistaat haben aus Sicht der Opposition jede Menge Fragen zu beantworten, etwa die, warum das Trio laut Medienberichten schon seit 1999 in Zwickau lebte, aber nicht aufgespürt oder gar vor der Entdeckung bewahrt wurde: Laut MDR hatten Zielfahnder die Rechtsextremen im Jahr 2000 aufgespürt, der Zugriff sei ihnen aber verboten worden. In diesem Fall müsse Sachsen involviert gewesen sein, heißt es bei der LINKEN.

In Zwickau wollen DGB, IG Metall und die Stadtverwaltung derweil heute einen »Zwickauer Appell« vorstellen. So solle der Opfer der Rechtsterroristen gedacht und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt werden, hieß es.

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