Bestellt, aber nicht bezahlt

Bund und Länder streiten sich über Gesetzesvorhaben und Finanzen

  • Michael Neu
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Vermittlungsausschuss des Bundesrats wird es lebhaft werden: Die Länder machen Einsprüche geltend.

Der Weg für das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt ist nun frei. Bund und Länder haben sich am Dienstag im Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss geeinigt, bei dem sich die Länder in einigen Punkten durchgesetzt haben: Zurückgenommen wird die Kürzung der Förderdauer für ältere Arbeitnehmer ab 50 Jahre auf 12 Monate. Außerdem bleibt die Förderung der Einstiegsqualifizierung auf Dauer erhalten. Allerdings hat sich der Bund bei der Fortführung der Gründungszuschüsse für ALG-I-Empfänger nicht bewegt. Sie werden, wie geplant, künftig in eine »freiwillige Leistung« umgewandelt.

Das Gesetz, dessen eigentliche Absicht nicht die Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt, sondern die Durchsetzung von Kürzungsvorgaben in Höhe von ca. acht Milliarden Euro ist, soll nun noch in dieser Woche den Bundestag passieren.

Keine Bewegung gibt es bei den beiden weiteren Konfliktpunkten, über die Bund und Länder derzeit im Vermittlungsausschuss streiten: bei den Gesetzen zur steuerlichen Förderung energetischer Gebäudesanierungen und zur Erprobung der CCS-Technologie.

Doch im Vermittlungsausschuss wird es bald lebhaft zugehen. Denn auf dem Bundesratsplenum am Freitag gibt es gleich sieben Anträge, den Ausschuss anzurufen. In den Zeiten, als Schwarz-Gelb die Mehrheit im Bundesrat hatte, gab es kaum so viele Vermittlungsverfahren in einem Jahr, wie sich jetzt in einer Sitzung ergeben könnten.

Zunächst geht es um Gesetze, die von den Ländern gestoppt werden könnten, obwohl diese sie nicht grundsätzlich ablehnen, aber die Folgekosten nicht allein bezahlen wollen. Das betrifft mit dem Bundeskinderschutzgesetz eines der prominentesten Projekte von Familienministerin Kristina Schröder (CDU). Unbestritten ist, dass damit Beratungs- und Hilfeangebote für Eltern sowie werdende Mütter und Väter ausgeweitet werden. Aber auch bei einem so löblichen Zweck wie dem Kinderschutz monieren die Länder, dass der Bund zwar bestellt, aber nicht bezahlt. Hier geht es immerhin um 64 Millionen Euro Mehrausgaben pro Jahr, die die Länder ohne Kompensation aufbringen sollen. Finanz- bzw. wirtschaftspolitischen »Nachbesserungsbedarf« sehen die Fachausschüsse der Länderkammer auch beim Gesetz zur Stärkung der Finanzkraft der Kommunen und dem Gesetz zur Abfallentsorgung.

Weiterhin sollen die Gesetze zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, zum Telekommunikationsrecht, zum Insolvenzrecht, zum Anlegerschutz im Grauen Kapitalmarkt gestoppt werden, weil der Bundestag frühere Stellungnahmen der Länderkammer nicht berücksichtigt hat. In den Zeiten der schwarz-gelben Bundesratsmehrheit kümmerten sich die Mehrheitsparteien des Bundestages wenig um die Einwände und Bedenken der Länder. Damit könnte es nun demnächst vorbei sein.

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