»Besinnung auf Kernpositionen«

Die Sozialistische Linke fordert konkrete Arbeit vor Ort und ein Ende der Personaldebatten

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Sozialistische Linke, eine Strömung innerhalb der Linkspartei, traf sich am Wochenende zur Jahresmitgliederversammlung.

Dass die schwierige innere Lage der Linkspartei nach einem enttäuschenden Superwahljahr auch vor den innerparteilichen Strömungen nicht Halt macht, wurde bei der Jahresmitgliederversammlung der Sozialistischen Linken (SL) am Wochenende in Frankfurt am Main deutlich. Von der Euphorie, die der 11,8-Prozent-Erfolg bei der Bundestagswahl 2009 ausgelöst hatte, war diesmal wenig zu spüren. Stattdessen waren Selbstkritik, neue Motivation und Auswege aus einer weit verbreiteten »Erschöpfung« angesagt.

»War das letzte Bundestagswahlergebnis vielleicht so etwas wie ein überbewerteter Aktienkurs?«, fragte Janine Wissler, Fraktionsvorsitzende im Hessischen Landtag. Schließlich habe die LINKE damals halb so viele Wählerstimmen wie die SPD errungen, obwohl sie bundesweit längst nicht halb so viele Mitglieder wie die SPD habe. Um der Partei angesichts der Wirtschaftskrise eine neue Orientierung zu geben, seien Regionalkonferenzen sinnvoll. Diese dürften aber kein »Schaulaufen für Vorstandskandidaten« werden.

Mehrere Redner beklagten, dass in der Arbeit von Parteigliederungen und Fraktionen zu wenig »zentrale Themen« sichtbar würden und das »Miteinander« fehle. Eine weit verbreitete Erschöpfung mache sich an einer »Überforderung« der Aktiven fest, nachdem es jahrelang »nur nach oben« gegangen sei und der »Hype des Neuen« vorbei sei. Eine mit der Protestbewegung gegen Hartz IV im Jahre 2004 vergleichbare Bewegung oder ein neues politisches Projekt seien derzeit nicht sichtbar.

Zudem gingen vom Parteivorstand »zu wenig inhaltliche Impulse aus«, beklagte ein Redner und betonte den Rang von Bildungsarbeit für die Festigung der Partei. Material des Parteivorstands etwa zur Wirtschaftskrise oder zur Libyen-Frage hält auch SL-Bundessprecher Ralf Krämer für notwendig. Die Partei dürfe nicht ihre ganze Kraft in die parlamentarische Arbeit stecken, sondern müsse besser mit Gewerkschaften und sozialen Bewegungen verknüpft sein, mahnte der Bremer Gewerkschafter Dieter Nickel. »Bildungsarbeit bringt nur etwas bei Motivation«, gab Wilhelm Vollmann aus Rheinland-Pfalz zu bedenken: »Wir sind zu einem Wahlverein degeneriert, was wir nie werden wollten.«

Die vor allem in westlichen Landesverbänden der Partei verankerte SL hält sich zugute, bei der Beschlussfassung über das Parteiprogramm als »bedeutende Strömung im Zentrum der Partei zu Vertrauen sowie Erarbeitung, Vermittlung und Durchsetzung der notwendigen und guten Kompromisse beigetragen« zu haben. Die hohe 97-Prozent-Zustimmung verleihe den im Programm verankerten politischen Haltelinien eine hohe Autorität, heißt es in einer von der Versammlung verabschiedeten Resolution.

Das Papier diagnostiziert der Partei einen »permanenten Ausnahmezustand« seit dem Rückzug Oskar Lafontaines vom Parteivorsitz im Frühjahr 2010. »Eine Minderheit zwingt uns über die Medien unsägliche Debatten auf und lenkt uns von unseren Kernthemen ab«, heißt es unter Verweis auf Themen wie Antisemitismus und Mauerbau: »Die Partei ermüdet, stumpft ab und wird immer weniger kampagnefähig.«

Um aus dieser Situation wieder herauszukommen, brauche die LINKE einen »neuen Aufbruch« und eine »Besinnung auf ihre eigentlichen politischen Aufgaben und Kernpositionen«. Konkret müsse sich die Partei auf die Finanz- und Wirtschaftskrise und die Bankenmacht konzentrieren und die Ablehnung von Privatisierungen und Krieg ebenso auf die Fahnen schreiben wie Bildung und Kinderbetreuung. Vor Ort bedeute dies eine »Verstetigung der Arbeit in Problemvierteln«.

Gleichzeitig warnt die Resolution vor »über die Medien geführten Personaldebatten im Vorfeld der Landtagswahl in Schleswig-Holstein«. Dort droht der Partei am 6. Mai 2012 nach aktuellen Umfragen erstmals in einem westlichen Bundesland der komplette Verlust ihrer Landtagsmandate. Um dies zu verhindern, will auch die SL »ihren Beitrag zu einem erfolgreichen Wahlkampf leisten«.

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