Neue Bilder für daheim

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 2 Min.
Aya Sameshima wunderte sich über die deutschen Journalisten. Zunächst, weil wir überhaupt zum Training der Japanerinnen in einem Kölner Industrieviertel gekommen waren, und dann, weil wir ausgerechnet mit ihr sprechen wollten. Sameshima stand noch nie im Mittelpunkt des WM-Geheimfavoriten, doch sie hatte ein paar Monate zuvor in Fukushima Fußball gespielt. Das interessierte uns. Sie interessierte das nicht.

»Ich habe bei dem Erdbeben und dem Tsunami keine Freunde verloren«, wies sie auf die wahren Katastrophen hin. Den Super-GAU im Atomkraftwerk würdigte sie keines Wortes - obwohl sie früher für den Betreiber Tepco gearbeitet hatte. Die Japanerinnen wollten bei der WM den Menschen daheim schönere Bilder liefern als die der letzten Monate: Wassermassen brechen über Küsten herein. Häuser zerbersten, Menschen ertrinken. »Die Bilder zeigt uns der Trainer vor den Spielen als Motivationshilfe«, sagte Sameshima. Simpler Rauch über einem Kraftwerk war nicht motivierend genug.

Ich traf Sameshima zwei Wochen später nach dem Finale wieder. Die Überraschungsmannschaft des Turniers hatte es tatsächlich geschafft. Im Viertelfinale Gastgeber Deutschland besiegt, im Finale dann die USA im Elfmeterschießen. Hüpfende, lachende, sich glücklich umarmende Frauen - die neuen Bilder, die über die heimischen Fernsehgeräte flimmerten.

Selbst die unterlegenen Amerikanerinnen konnten sich mit den Siegerinnen aus Japan freuen. »Bei all dem, was diesem Land widerfahren ist, haben sie das wirklich verdient«, sagte Stürmerin Abby Wambach. Die Weltmeisterschaft hatte die richtigen Siegerinnen gefunden.

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