Dresdner Rangierbahnhof vor dem Ende

Beschäftigten werden Arbeitsplätze angeboten, »wo auch immer«

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 2 Min.
Seit Jahren geistert unter den Eisenbahnern in Dresden-Friedrichstadt das Gerücht umher, ihr Rangierbahnhof werde trocken gelegt.

Dabei war er in der DDR der größte Rangierbahnhof, um 1900 gebaut, fuhren von hier täglich insgesamt 5000 Wagen in alle Richtungen. Nach der drastischen Reduzierung des örtlichen Güterverkehrs 1990 verarbeitete die Anlage nicht einmal 2000 Wagen.

Immer mehr Aufgaben wurden verlegt, die Betriebspausen länger, und es wurde weniger Personal benötigt. Bereits im August sollte der Bahnhof stillgelegt werden, dann wurde vermutet, vielleicht zum Jahresende. Offiziell gab es keine Mitteilung, aber in vom Management organisierten Einzelgesprächen wurde immer dringender Mobilität vom Personal verlangt. Mit den Lokomotivführern sind in Friedrichstadt noch 260 Eisenbahner tätig, Durchschnittsalter 57 Jahre.

Die Dresdner Eisenbahner erfuhren in den Gesprächen, nicht hier brauche man sie, sondern in Mannheim, wo der »massive Leistungszuwachs« vom Personal kaum noch bewältigt werde. Und der Betriebsrat? Er erfuhr entweder nicht von den Gesprächen, und wenn doch, dann fanden sie an Terminen statt, an denen er verhindert war.

Dann legte die Bahn am 22. Juli etwa 30 Gesprächsprotokolle mit Anträgen auf eilbedürftige Versetzung binnen sieben Tagen vor. Darunter auch für diejenigen, die einen Wechsel nach Mannheim abgelehnt hatten und so den Vorwand für betriebsbedingte Kündigungen lieferten.

Eine Sprecherin der Deutschen Bahn erklärte hingegen, die Reduzierung des Personals sei mit dem Betriebsrat abgestimmt, jedem werde ein Arbeitsplatz angeboten, »wo auch immer.« Dresden-Friedrichstadt werde definitiv nicht geschlossen, erhalte nur andere Aufgaben. Die Deutsche Bahn beginnt 2012 in Halle mit der Modernisierung des Güterbahnhofs, auf dem mit 150 Eisenbahnern die Zugauflösung und -bildung des sogenannten Einzelwagenverkehrs für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen konzentriert werden soll. Die Anlagen in Dresden und Leipzig seien veraltet und nicht so leistungsfähig.

Rechnet man die 150 Arbeitsplätze in Halle gegen den Verlust in Leipzig-Engelsdorf und Dresden-Friedrichstadt auf, kam und kommt es zu einem kräftigen Abbau von Arbeitsplätzen. So geht das schon eine Weile im Güterverkehr der Deutschen Bahn. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) forderte einen Runden Tisch, um die aktuellen Personalprobleme bei DB Schenker-Rail zu lösen. Angeblich fehle es an allen Ecken und Enden an Personal: Lokführer, Wagenmeister, Rangierer, Disponenten - infolge einer über Jahre verfehlten Personalplanung.

Wenn aber zielstrebig die Leistungen, hier die Auflösung und Bildung von Güterzügen, verlagert werden, stellt sich der Personalüberschuss von selbst ein. In Sachsen schrumpft die Eisenbahn beständig, zuerst im Personenfernverkehr und nun auch der letzte Rest von Güterverkehr. Das ist gut für die Speditionen des Straßenverkehrs. Die Politiker in der Landeshauptstadt scheint die Schrumpfungspolitik der Staatsbahn nicht zu stören.

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