DGB kritisiert Ausbildung
Überstunden und schlechte Vergütung für viele Lehrlinge in Thüringen
Erfurt (dpa/nd). Die DGB Jugend Thüringen hat bessere Ausbildungsbedingungen gefordert. Derzeit gehörten Überstunden, schlechte Vergütung und fehlende fachliche Anleitung zum Berufsalltag vieler Lehrlinge im Freistaat, kritisierte Jenny Zimmermann, Jugendbildungsreferentin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Vor allem das Gaststätten- und Hotelgewerbe sei davon betroffen.
»Es geht uns nicht darum, mit dem Finger auf die Unternehmen zu zeigen, aber wenn sie eigene Fachkräfte ausbilden wollen, müssen sie auch Zeit, Geld und Mühe investieren«, sagte Zimmermann. Angesichts sinkender Bewerberzahlen könnten sich die Firmen ihre Auszubildenden nicht mehr aussuchen und stünden selbst mehr in der Pflicht. In diesem Ausbildungsjahr haben in Thüringen mehr als 11 700 Jugendliche eine Lehre begonnen.
»Es scheint so, dass Betriebe bereits fertige Auszubildende erwarten, denen nicht mehr viel beigebracht werden muss.« Dabei solle doch gerade auch die Berufsausbildung etwa soziale Kompetenzen vermitteln, sagte Zimmermann angesichts der Kritik an fehlenden Kenntnissen und mangelnder Motivation der Schulabgänger.
»Es stellt sich die Frage nach der Ausbildungsreife der Unternehmen und nicht der Jugendlichen«, sagte die Bildungsreferentin. Viele Chefs würden ihre Auszubildenden nur als billige Arbeitskräfte sehen. Beklagenswert sei zudem die Situation an den Berufsschulen, an denen es wegen fehlender Lehrer massive Unterrichtsausfälle gebe. Zudem stehe oft nur veraltete Technik zur Verfügung.
Zimmermann verwies darauf, dass in Thüringen 56 Prozent der Unternehmen ausbildungsberechtigt seien. Tatsächlich bilde aber nur knapp jeder vierte Betrieb aus. Nach der Lehre würden etwa 58 Prozent der Jugendlichen übernommen. Diese Quote sei mit den Jahren zwar gestiegen, liege aber noch immer unter dem westdeutschen Wert von 62 Prozent.
»Viele Jugendliche lassen sich in Thüringen zwar ausbilden, wandern dann aber nach Hessen oder Bayern ab, weil sie dort unter anderem besser bezahlt werden.« Außerdem fehle den Nachwuchskräften in Thüringen eine Perspektive, da sie nach der Ausbildung zum Großteil nur mit befristeten Verträgen oder als Leiharbeiter eingestellt würden.
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