Tür für Beobachter steht offen

Syriens Präsident Assad: Ich gebe das Amt auf, wenn das Volk es will

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Syriens Präsident Assad sieht sein Land und vor allem sich als Opfer einer Verschwörung und denkt nicht an Rücktritt. Das machte er am Dienstag deutlich, als er sich erstmals seit sieben Monaten in einer Rede an seine Landsleute wandte.

Zum vierten Mal hat sich der syrische Präsident Baschar al-Assad am Dienstag zur Lage der Nation geäußert. Vor einem älteren Publikum an der Universität in Damaskus sprach Assad knapp zwei Stunden lang, wobei er stellenweise vom vorliegenden Manuskript abwich. Er äußerte sich ausführlich zu den Unruhen im Land, die seit März 2010 anhalten. Er sprach auch über das Verhältnis Syriens zur Arabischen Liga und die Einflussnahme des Auslands. Breiten Raum nahmen die Ausführungen Assads zu politischen Reformen ein. Die Rede wurde im Fernsehen übertragen.

Assad bedauerte die Unruhen, für die Land und Leute »einen hohen Preis« bezahlen müssten. Erneut machte er vom Ausland bezahlte »Terroristen« verantwortlich, die versuchten Syrien zu destabilisieren. Mit Sabotage und Zerstörung würden sie Angst verbreiten, sagte Assad. Für ihn habe es Priorität, »die Sicherheit wiederherzustellen, die wir seit Jahrzehnten genießen konnten«. Das könne nur erreicht werden, wenn alle Syrer zusammenhielten. Erneut betonte Assad, dass weder er noch eine andere Entscheidungsebene den Sicherheitskräften einen Schießbefehl auf Demonstranten erteilt hätten. Für jeden gelte das Gesetz, so Assad. Auch für die Sicherheitskräfte gelte, dass nur »in Selbstverteidigung« geschossen werden dürfe.

Zur Suspendierung der Mitgliedschaft Syriens in der Arabischen Liga im November sagte Assad, man sei »überrascht gewesen, dass die Araber sich nicht an die Seite Syriens« gestellt hätten. Arabische Staaten würden vom Ausland unter Druck gesetzt, wenn sie sich nicht gegen Syrien stellen würden. Er begrüßte die Beobachtermission der Arabischen Liga, die »die Wahrheit herausfinden« solle. Die Türen stünden ihr offen, solange sie die Souveränität Syriens respektiere.

Übereilte Reformen inmitten der Krise werde es nicht geben, sagte Assad. Es sei eine innere Aufgabe, Syrien politisch zu reformieren, von außen erzwungene Reformen würden scheitern.

Ein Mehrparteiensystem für Syrien sei »nur eine Frage der Zeit«, so Assad, der eine Beteiligung von »allen politischen Kräften« an der Regierung begrüßte. Für März kündigte Assad eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung an, deren Entwurf seit Oktober von einem Komitee ausgearbeitet worden ist. Danach sollten Wahlen im Mai oder Juni stattfinden. Einen Rücktritt zum derzeitigen Zeitpunkt schloss Assad aus: »Ich werde das Amt aufgeben, wenn das Volk es will.«

Regimegegner verurteilten die Rede erwartungsgemäß scharf. Sie habe »nichts Neues gebracht, das die Krise und ihre Folgen beenden könnte«, sagte der Oppositionelle Hassan Abdul Asim. Der Präsident des Syrischen Nationalrates, Burhan Ghalioun, sagte in Istanbul, das Assad-Regime habe das syrische Volk gespalten und in einen Krieg getrieben. Assad habe Reformen versprochen, an die niemand mehr glaube. Die Arabische Liga solle den Fall Syrien dem UN-Sicherheitsrat übergeben.

Ebenfalls am Dienstag meldete die kuwaitische Nachrichtenagentur KUNA, zwei Beobachter aus Kuwait seien in der Küstenstadt Latakia »von Unbekannten« angegriffen worden. Die Nachrichtenagentur Reuters sprach von elf verletzten Beobachtern.

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