»... um des Ruhmes willen«

Neue Biografien über König Friedrich II. von Preußen

  • Gerd Fesser
  • Lesedauer: 3 Min.
Friedrich der Große nimmt eine Parade ab, links neben ihn sein Neffe und Nachfolger; Gemälde von Daniel Chodowieki Abb.: AKG Pressebild
Friedrich der Große nimmt eine Parade ab, links neben ihn sein Neffe und Nachfolger; Gemälde von Daniel Chodowieki Abb.: AKG Pressebild

In den Monaten vor Beginn des vielberufenen »Friedrichjahres« sind etliche Bücher über den Preußenkönig erschienen. Auf die Idee, kritische Fridericus-Biografien wie die von Veit Valentin, Ludwig Reiners oder Ingrid Mittenzwei neu aufzulegen, ist offenbar niemand gekommen. Unter den Neuerscheinungen ragt das Buch von Jürgen Luh hervor.

Luh ist ausgewiesener Historiker und wissenschaftlicher Leiter des Potsdamer Projekts »Friederisiko« (übrigens ein Motto, das in der »FAZ« kürzlich als »albern« bezeichnet wurde). Der Autor liefert keine chronologische Lebensbeschreibung seines Helden, sondern ein schlüssiges kritisches Porträt. Die vier Kapitel seines Buches sind überschrieben: »Ruhmsucht«, »Hartnäckigkeit«, »Eigensinn« und »Einsicht«. Luh betont eingangs: »Ruhm zu erlangen und diesen dann zu bewahren, war Friedrichs persönlichstes, höchstes Ziel, war der Kitt seines Seins - zeitlebens.«

Am stärksten faszinierte Friedrich der Feldherrenruhm, und er hat tatsächlich an seinen Vertrauten Charles Etienne Jordan geschrieben: »Ich liebe den Krieg um des Ruhmes willen.« Doch der König strebte auch nach dem Ruhm des Philosophen, Poeten und Mäzens. Sehr früh erfasste er die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit. Er korrespondierte mit dem berühmten Schriftsteller Voltaire, weil das sein eigenes Renommee steigerte. Er favorisierte das Französische, weil er sich nur so den Regierenden und Intellektuellen Europas mitteilen konnte. Da er sehr um seinen Nachruhm besorgt war, wollte er auch sein eigener Geschichtsschreiber sein.

Luh führt eine ganze Reihe negativer Charaktereigenschaften Friedrichs auf: So gab dieser fast nie zu, Fehler gemacht zu haben, sondern schob seine Fehler anderen in die Schuhe. Er war eigensinnig und selbstgefällig. Selbst seinen wenigen Vertrauten setzte er mit boshaftem bis bösartigem Spott zu und verlor sie am Ende fast alle. Friedrich vernachlässigte die Ausbildung des Thronfolgers und machte ihn in aller Öffentlichkeit schlecht. Dies zeigt, so Luh, dass dem König die Zukunft seines Staates »gleichgültig« war.

Im Kapitel »Einsicht« führt der Autor die wenigen Beispiele dafür auf, dass Friedrich - freilich in gewundener und indirekter Weise - einräumte, Fehler gemacht zu haben. So gab er sehr spät schließlich zu, dass er die schweren Niederlagen von Hochkirch und Kunersdorf verschuldet hatte.

Johannes Unger ist im Unterschied zu Luh kein Fachhistoriker, sondern Journalist. Er leitet die Abteilung Dokumentation und Zeitgeschehen beim rbb. Sein Buch ist gleichzeitig Begleitband der gleichnamigen Fridericus-Sendung der ARD. Unger hat seinen Text ohne eigene Forschung aus der vorliegenden Literatur geschöpft. Seine Darstellung ist lesbar und überwiegend sachlich. In seinen Text hat er Exkurse über »Hofleben und Honnête Homme«, Frankreich, Bauern und Junker, Österreich, das preußische Heer, Großbritannien, Verwaltung und Wirtschaft sowie Russland eingefügt. Unger verweist auch auf die wenigen positiven Züge im Handeln des Königs - die weitgehende Aufhebung der Folter und seine Toleranz in Glaubensfragen. In der Einleitung heißt es: »Friedrichs komplexe Persönlichkeit lässt sich vielleicht am besten mit drei Charaktermerkmalen umschreiben: dem Streben nach Anerkennung und Ruhm (Geltungsdrang?), Risikobereitschaft (Skrupellosigkeit?) und der Kunst der Verstellung« und: »Der Große König war vor allem eines - ein Hasardeur.«

Manche der Formulierungen des Autors sind arg pauschal und vereinfachend. So bescheinigt er dem Monarchen ein »überaus fortschrittliches Verständnis von Herrschaft und Staat« und sagt, Friedrich sei auch der »pflichtbewusste, treu sorgende Landesvater« gewesen. Am Umgang des Königs mit seinem Neffen und Nachfolger Friedrich Wilhelm, den Luh so kritisch sieht, hat Unger nichts auszusetzen.

Jürgen Luh: Der Große. Friedrich II. von Preußen. Siedler, München. 288 S., geb., 20 €
Johannes Unger: Friedrich. Ein deutscher König. Propyläen, Berlin. 315 S., geb., 16,90 €

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