Werbung

Streit nach Tarifeinigung

Ärztestreik voraussichtlich abgewendet / Kliniken warnen vor Verlust Tausender Arbeitsplätze

  • Lesedauer: 2 Min.
Die überraschende Tarifeinigung für Klinikärzte hat einen Streit über die Zukunft der Krankenhäuser entfacht. Krankenhausvertreter warnten vor Jobabbau. Die Krankenkassen verlangten von kleineren Häusern hingegen eine stärkere Konzentration bei den angebotenen Behandlungen.

Berlin/Köln (dpa/nd). An den rund 600 kommunalen Kliniken in Deutschland wird möglicherweise doch nicht gestreikt. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) einigten sich am Mittwoch auf Eckpunkte für einen Tarifabschluss. Sie sehen 2,9 Prozent mehr Gehalt vor. MB-Verhandlungsführer Lutz Hammerschlag sagte: »Die Eckpunkte sind ein guter Ansatz, um zu einem Tarifkompromiss zu kommen.« Nun müssen noch die Gremien beider Seiten der Übereinkunft der Verhandlungsführer zustimmen. Bis dahin bleibe der Abschluss unter Vorbehalt, hieß es.

Beim Marburger Bund entscheidet die Große Tarifkommission am Sonnabend in Berlin über eine Rücknahme des Streiks. »Es ist noch nicht ganz in trockenen Tüchern«, sagte ein MB-Sprecher. Die Kleine Tarifkommission der Ärztegewerkschaft fasste am Donnerstag in Köln noch keinen Beschluss zu den Eckpunkten, auf die sich beide Seiten zuvor verständigt hatten. Es gebe noch »klärungsbedürftige Punkte«, hieß es. Die Gewerkschaft hatte 6 Prozent mehr Gehalt für die bis zu 50 000 Mediziner gefordert.

Laut VKA läge mit dem angestrebten Abschluss die Bezahlung in kommunalen und in Uni-Kliniken wieder ungefähr auf dem gleichen Niveau. Auch für diesen Bereich hatte eine Einigung in letzter Minute Ende vergangenen Jahres einen Streik abgewendet. Die Laufzeit soll 16 Monate bis Ende 2012 betragen.

Die vom Marburger Bund geforderte Begrenzung von Bereitschaftsdiensten auf maximal vier pro Arzt und Monat ist in den Eckpunkten nicht enthalten. Bislang können es bis zu 14 werden.

Nach Bekanntwerden der Eckpunkte fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKV) finanzielle Hilfe von der Politik für die Kliniken. »Nicht nur würden sonst viele tausend Arbeitsplätze in den Kliniken unter Druck geraten, auch für viele Krankenhäuser stellt sich sonst die Existenzfrage«, sagte DKG-Präsident Alfred Dänzer. Die Einigung belaste die Kliniken um das Doppelte der Preis- und Lohnerhöhungen von 1,48 Prozent. »Schon jetzt schreibt jede fünfte Klinik rote Zahlen.«

Der Spitzenverband der Krankenkassen konterte, angesichts teils satter Gewinne bei vier von fünf Krankenhäusern gebe es insgesamt keine Unterfinanzierung. Allein 2012 erhielten die Krankenhäuser rund 2,5 Milliarden Euro zusätzlich. Die Krankenhausvertreter sollten sich an die überfälligen Strukturreformen machen, sagte Verbandssprecher Florian Lanz. »Nicht jedes Landkrankenhaus muss alle Spezialangebote haben, und niedergelassene Ärzte und Krankenhäuser müssen besser Hand in Hand für die Patienten arbeiten.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal