Diese Müdigkeit ist unnormal

Eisschnellläuferin Jenny Wolf über rätselhafte Probleme vor der Sprint-WM und ein mögliches Karriereende

  • Lesedauer: 3 Min.
Vor der morgen beginnenden Sprint-WM der Eisschnellläufer in Calgary hadert die Berliner Weltmeisterin JENNY WOLF mit Erschöpfungssymptomen. Sogar ein Startverzicht ist möglich. Trotzdem sei ein Karriereende keineswegs beschlossene Sache, erzählte die 32-Jährige OLIVER HÄNDLER. Eine Verbesserung ihres Weltrekords bleibt ihr Antrieb.

nd: Frau Wolf, bislang konnten Sie in dieser Saison noch nicht an ihre vielen Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen. Ist in dieser Form eine Medaille bei den Sprint-WM überhaupt realistisch?
Wolf: Ich habe momentan große Schwierigkeiten, normal schnell zu laufen. Ich kann mich nicht richtig erholen, fühle mich müde und kaputt. Ich werde mich daher vom Doktor mal gründlich untersuchen lassen, denn diese Müdigkeit ist schon unnormal. So wird es mit einer Medaille sehr schwer.

Ist das ein neues Problem oder leiden Sie schon länger darunter?
Das ist neu. Die Vorbereitung lief eigentlich gut. Da ich endlich ohne Verletzungen durch den Sommer kam, war meine Motivation im November und Dezember auch sehr groß. Die Form stimmte, doch in den Wettkämpfen konnte ich das nicht umsetzen. Und nun kommt diese Müdigkeit dazu.

Gehen Sie morgen überhaupt an den Start?
Ich würde hier schon gern laufen, aber das mache ich von der Diagnose des Doktors abhängig.

Vor den Wettbewerben in Übersee schauten viele nur darauf, ob Sie ihren Weltrekord von 37,00 Sekunden brechen würden. Ist der Rekord für eine fast 33-Jährige überhaupt noch ein Ziel?
Im November war er das schon, sonst macht es doch keinen Sinn, sich so lange zu quälen. Ich wollte gern noch mal unter 37 Sekunden laufen, aber ich bin doch sehr weit von meiner Topform entfernt, so dass der Weltrekord derzeit unrealistisch ist.

Bislang machten Sie ein Karriereende von Ihrer Gesundheit abhängig. Könnte Erfolglosigkeit auch ein Grund werden?
Wenn ich nicht mehr so schnell laufe wie früher, hat das auch körperliche Gründe. Insofern wäre es kein neuer Grund. Doch ich warte erst mal darauf, was der Arzt sagt, denn mein Trainingsaufbau war gut, und daher ist mir die ganze Sache rätselhaft. Ich bin optimistisch, dass wir eine Lösung finden.

Biathletin Magdalena Neuner hat schon am Anfang einer langen Saison gesagt, dass sie danach aufhören wolle. Ist ein ähnliches Szenario bei Ihnen auch denkbar?
So weit ist es bei mir nicht. Ich würde gern noch promovieren, und das ließe sich mit dem Sport vereinen. Daher denke ich derzeit eher von Monat zu Monat.

Sehen Sie irgendeine, die in Ihre Fußstapfen treten könnte?
Nein. Bei uns sieht es im Nachwuchs sehr dünn aus. Es gibt zwei Talente, die aber auch schon gesundheitliche Probleme haben. Wir sind jetzt schon das älteste Frauenteam vor Ort. Und uns fehlt die Masse bei den Jungen, in der sich die Guten dann durchsetzen.

Dafür gibt es eine junge Chinesin, Yu Jing, die mit starken Zeiten für Furore sorgt. Schüchtert Sie das ein oder spornt es Sie an?
Es ist nur natürlich, dass irgendwann eine Bessere kommt. Es war ja auch sehr krass, dass ich jahrelang allein weit vorn lief. Meine Bahnrekorde hat sie aber noch nicht gebrochen. Da muss sie erst mal hinkommen.

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