Druck auf die Ackerfläche
Kirchliche Debatte zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union
Bei den Vorstellungen einer künftigen Landwirtschaft stehen die großen Kirchen vor widersprüchlichen Entwicklungen und Anforderungen. Zum einen beklagen sie die Übernutzung der natürlichen Ressourcen. Zum anderen werden ihnen aber als Eigentümern von Agrarflächen heute bis zu sechsfach höhere Pachtpreise für die Errichtung von Solaranlagen oder den Anbau von Energiepflanzen im Umfeld von Biogasanlagen geboten. Letzteres führt etwa zu Mais-Monokulturen und reduziert die ohnehin bedrohte biologische Vielfalt weiter.
Zum kirchlichen Leitbild gehört der bäuerliche Familienbetrieb, so Maren Heincke, Agraringenieurin, aktiv im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Eine entsprechende öffentliche Förderung werde erwartet, andererseits dürfe es auch keine »Strukturbrüche« in der Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU geben. Im Hinblick auf entwicklungspolitische Ziele will auch die EKD Exportsubventionen aus der europäischen Marktordnung gestrichen haben.
Grundsätzliche Weichenstellungen hält Landwirtschafts-Staatssekretär Peter Bleser (CDU) für notwendig, aus seiner Sicht habe »die Fläche« neue Aufgaben zu erfüllen, was nur mit »mehr Produktion« zu leisten sei. So sei die von der EU angestrebte, ökologisch begründete Stilllegung von sieben Prozent der Agrarflächen moralisch und ökonomisch nicht zu vertreten. Im übrigen plädierte er dafür, ökologische Ziele über Anreize und nicht über Zwang zu erreichen. Der SPD-Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelüh-Sutter geht das nicht weit genug, sie plädiert für mehr Vielfalt durch verpflichtende Fruchtfolgen - auch bei den Energiepflanzen. Den »Druck auf die Fläche« etwa durch den nun notwendigen Anbau von Energiepflanzen sieht auch Hans-Michael Goldmann (FDP), Vorsitzender des Agrarausschusses im Bundestag. Er schätzt ökonomische Nachhaltigkeit. In seiner Heimatregion, dem Emsland, wirkten »unternehmerische Landwirte weltmarktorientiert«. Durch die Hähnchenzüchter gebe es nur geringe Arbeitslosigkeit, in der Landwirtschaft verdiene man Geld.
Anders als die Vorredner von CDU und FDP unterstützt Friedrich Ostendorff, für die Grünen im Bundestag, die Leitlinien der EKD, bei denen er sich aber mehr Zuspitzung gewünscht hätte. In der Agrarförderung sieht er Gerechtigkeitsprobleme, da etwa 1,5 Prozent der Betriebe entsprechend ihrer Fläche 40 Prozent der Gelder bekämen. Die deutsche Landwirtschaft sei nicht multifunktional und nachhaltig, sondern vor allem wettbewerbsorientiert. Von seiner Kirche wünsche er sich deutlichere Worte zur industriellen Tierhaltung und zur Gentechnik.
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