Auf Werbetour für Iran-Krieg

Israels Premier suchte in USA Unterstützung zu Schlag gegen Teheran

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.
Zum neunten Mal in seiner Amtszeit ist Israels Premierminister Netanjahu nach Washington gereist. Doch der erhoffte Schulterschluss in Sachen Iran blieb trotz drastischer Signale aus: US-Präsident Obama blieb auf Distanz.

Wenn Freunde zu Besuch kommen, dann bringen sie Geschenke mit. Doch das Gastgeschenk, das Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag US-Präsident Barack Obama überreichte, wirft die Frage auf, ob es sich beim Verhältnis zwischen Israel und den Vereinigten Staaten noch um eine Freundschaft handelt: eine handsignierte Kopie des Buches Esther hatte Netanjahu mitgebracht – die biblische Geschichte, die beschreibt, wie das jüdische Volk knapp der Ermordung durch das persische Volk entgeht.

Am Tag nach dem Treffen, das die New York Times als »angespannt und geschäftsmäßig, wie zwischen den beiden üblich« beschrieb, legte der Premier in einer Rede vor der alljährlichen Konferenz der mächtigen Pro-Israel-Lobby AIPAC nach: 2012 sei nicht 1944, erinnerte Netanjahu an die damalige Weigerung der USA, die Bahngleise, die zum KZ Auschwitz führten, zu bombardieren – und fügte hinzu, er werde nicht zulassen, dass »sein Volk im Schatten der Vernichtung lebt«. Äußerungen, die sowohl die US-amerikanischen als auch die israelischen Medien als Versuch werten, den wahlkämpfenden Präsidenten massiv unter Druck zu setzen. Jüdische Amerikaner wählen traditionell überwiegend die Demokraten; um sie zu begeistern und Brücken zu jenen zu schlagen, die sich nicht mit dem in Israel regierenden konservativen Likud-Block identifizieren, hatte sich dieses Mal auch Präsident Schimon Peres, die graue Eminenz der israelischen Politik und einer der Väter von Israels eigenem Atomprogramm, auf den Weg nach Washington gemacht.

Doch am Ende traten beide mit leeren Händen die Heimreise an: Obama blieb kühl, distanziert, ausweichend. Er schließe nichts aus, sagte er bei einer Pressekonferenz, machte aber deutlich, dass er nach wie vor auf Diplomatie und Sanktionen setzt. Israelische Fernsehsender zitierten indessen ungenannte Quellen aus dem Weißen Haus, denen zufolge Obama den Eindruck bekommen habe, dass sich auch Netanjahu noch nicht entschieden hat. Eine Einschätzung, die ein israelischer Regierungssprecher vehement bestreitet: »Der Premierminister hat sehr deutlich gemacht, dass er, wenn notwendig, die militärische Option wählen wird. Der Präsident hat darauf mit Verständnis reagiert.« Israel müsse sich auf sich selbst verlassen, um seine Existenz zu sichern, sagte Netanjahu vor der AIPAC. »Wenn es um das Überleben Israels geht, müssen wir stets Herr unseres Schicksals bleiben.«

Dabei ist ein militärisches Vorgehen auch in Israel recht umstritten: Immer wieder warnen auch hochrangige Militärs davor, ein Militärschlag könne verheerende Folgen haben. »Wir haben Iran da hinten, gleich nebenan die Hisbollah, die Hamas und jetzt auch die Moslembruderschaft an der ägyptischen Grenze«, sagt Meir Dagan, der bis 2010 Chef des Geheimdienstes Mossad war: »Jede Woche ein paar Raketen von allen Seiten, und hier kommt alles zum Stillstand.«

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