Die Unglaublichen aus dem Camp Nou

Im Achtelfinalrückspiel der Champions League führen die Künstler aus Barcelona die Fußballarbeiter aus Leverkusen mit 7:1 vor

  • Jan Reinold, SID
  • Lesedauer: 3 Min.

Penne Amatriciana, ein Filet vom Hecht mit Stampfkartoffeln und Gemüse, zum Nachtisch Mandelkuchen - die höchste Europacup-Niederlage der Vereinsgeschichte hatte Bayer Leverkusen den Appetit nicht verdorben. »Lasst uns das eine oder andere Gläschen zusammen trinken und lachen«, rief Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser am beleuchteten Pool der Nobelherberge »Rey Juan Carlos I« nach dem 1:7-Debakel beim FC Barcelona etwas trotzig: »Ich glaube, wir haben mit unseren 4000 Fans und mit allen Sponsoren, Freunden und Bekannten gezeigt, dass wir der Champions League würdig sind.«

Nach der vorherigen Demütigung durch ein historisches »Fünf-Gänge-Menü« von Weltfußballer Lionel Messi (25./42./50./58./85.) und den Doppelpack von Youngster Cristian Tello (56./62.) eine bemerkenswerte Feststellung. Trotz des »Alptraums«, wie Kapitän Simon Rolfes den unrühmlichen Abgang von Europas großer Fußballbühne empfand, will Bayer so schnell wie möglich zurück in die Königsklasse. »Wir wollen nächstes Jahr wieder gegen Barcelona spielen und es besser machen«, sagte Sportchef Rudi Völler.

Zu verbessern gibt es viel. Ob dafür ein Jahr ausreicht, ist auf diesem Niveau fraglich. Vorher steht ohnehin erst einmal der Alltag auf dem Programm. Schon am Sonnabend im Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg. Negative Auswirkungen auf den Ligabetrieb soll das 1:7 beim Titelverteidiger keine haben. So hatte Trainer Robin Dutt schon vor dem Spiel verkündet, und so predigte er auch nach der Schmach: »Ich bin ganz sicher, dass die Mannschaft das wegsteckt, weil wir Champions League und Bundesliga trennen.«

Fakt ist: Im Camp Nou prallten Welten aufeinander. Hier eine Werkself, deren ganzes Spiel einem verzweifelten Überlebenskampf glich und deren Fußballarbeiter in ihrem gesamten Bewegungsablauf mitunter hölzern und unbeholfen wirkten. Dort ein Künstlerensemble, das Fußball zelebriert. Elegant in seinen Bewegungen, meisterhaft. Einfach herrlich anzuschauen. Die Bayer-Profis wollten in Barcelona zwar, konnten aber nicht. Daher stand nach der Lehrstunde die Erkenntnis über den übermächtigen Gegner: Besser geht's nicht.

»Wenn du 0:3, 0:4 zurückliegst, dann das Fünfte kriegst, ist es schwer, sich wieder aufzubäumen«, sagte Stefan Kießling: »Wir wollten uns nicht abschlachten lassen, um Gottes Willen, damit muss man erst einmal fertig werden.« Rolfes war voll des Lobes über den Gegner. »Wir sind uns alle einig, dass Barcelona in einer eigenen Liga spielt.« Über »phänomenale Spieler« verfüge der »alte und neue Champions-League-Sieger«, so der Nationalspieler weiter: »Ganz oben Messi und knapp dahinter Xavi und Iniesta. Da muss man einfach sagen, dass die unglaublich sind.«

Und Leverkusen? Nun ja, mit einem Weiterkommen hatte ohnehin niemand wirklich gerechnet, und spätestens nach dem 1:3 im Hinspiel blieb nur noch als erklärtes Ziel, in Barcelona Verein und Bundesliga würdig zu vertreten. »Das ging in die Hose«, sagte Kießling. Gemeint war die zweite Halbzeit, aber es taugte trotz des Ehrentreffers von Karim Bellarabi in der Nachspielzeit (90.+1) auch als Gesamtbilanz der Abschiedstour ans Mittelmeer.

Achtelfinale, Rückspiele

Arsenal - AC Mailand (0:4) 3:0

Lissabon - St. Petersburg (2:3) 2:0

Nikosia - Lyon (0:1) 4:3 n.E.

Barcelona - Leverkusen (3:1) 7:1

FC Bayern - Basel (0:1) 13.3.

Inter Mailand - Marseille (0:1) 13.3.

Real Madrid - Moskau (1:1) 14.3.

Chelsea - Neapel (1:3) 14.3

Der AC Mailand, Benfica Lissabon, FC Barcelona und APOEL Nikosia haben das Viertelfinale bereits erreicht. Die Auslosung der Paarungen erfolgt am 16. März in Nyon.

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