Heilige Marx-Unterhose in Trier

  • Birgit Reichert, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Als Parodie auf die Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier hat ein Künstler die »Heilige Unterhose« von Karl Marx ausgestellt. »Die Heilig-Hos'-Wallfahrt ist eröffnet«, sagte der Künstler Helmut Schwickerath bei der Enthüllung des Kunstwerks am Samstag. Das dreiflügelige spätmittelalterliche Altar-Gebilde mit der langen orange-braunen Unterhose im Zentrum solle »ein provozierendes Gegenstück« zum Heiligen Rock sein. Das Kunstwerk steht in einem Schaufenster unweit des Museums Karl-Marx-Haus in Trier. Der Philosoph ist 1818 in der Stadt Trier geboren worden, er starb 1883 in London.

Die Heilig-Rock-Wallfahrt wurde am Freitag in Trier eröffnet. Im Fokus steht die Tuchreliquie »Heiliger Rock« - das Gewand, das Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen haben soll. Es ist erstmals seit 16 Jahren wieder zu sehen. Die katholische Kirche erwartet zu der Wallfahrt rund 500 000 Pilger. Der Legende nach hat die Heilige Helena das Gewand der Trierer Kirche zum Geschenk gemacht. Rock-Wallfahrten gibt es in Trier seit 500 Jahren.

»Alles kann zur Reliquie werden, wenn man nur eine gute Legende erfindet«, sagte Schwickerath. Er hat das Marx'sche Beinkleid (»Longjohn«) in die Mitte eines »Triptychons« platziert. Links daneben sind Marx' Haushälterin Helena Demuth und rechts Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht abgebildet. »Sie stellt die Evangelistin von Karl Marx dar«, sagte Schwickerath. Bei »seiner« Reliquie werde auch Ablass gewährt. »Zehn Minuten Innehalten und drei Stoßgebete »Heiliger Karl, bitte für uns reichen«, sagte er lachend.

Schwickerath hat sich für die Marx-Unterhose eine Legende zusammengedichtet: Haushälterin Demuth habe das gute Stück auf einer Reise von London in ihre saarländische Heimat mitgenommen, um es zu stopfen. Die Hose sei dann in die Hände ihres Schwagers gelangt und galt lange als verschollen - bis ein Forscher sie Ende des 20. Jahrhunderts bei dem letzten Überlebenden der Familie auf dem Speicher gefunden habe. »Überzeugend, oder?«, fragt der Künstler schmunzelnd. Die Hose wird vier Wochen lang zu sehen sein. Erstmals war sie bei der letzten Heilig-Rock-Wallfahrt 1996 ausgestellt worden.

Vor der Unterhosen-Enthüllung hatten zwei andere Künstler in Trier als Papst und Adolf Hitler verkleidet das Wallfahrt-Spektakel konterkariert. Bei ihrem Gang durch die Innenstadt stoppten sie vor dem Dom, der Porta Nigra und weiteren Sehenswürdigkeiten, um Passanten und Pilger zu grüßen. Kurzzeitig führten Polizisten die Künstler auf eine Wache, um deren Personalien festzustellen. Mit der Aktion »Papst trifft Hitler« wollten Wolfram P. Kastner und Linus Heilig für eine klare Trennung von Kirche und Staat in Deutschland demonstrieren. »Wir wollen zum Nachdenken anregen«, sagte der Münchner Künstler Kastner.


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