Vom Sushi-Teller zur Tankstelle?

Nach Mais und Zuckerrohr haben Forscher Braunalgen als Energiequelle der Zukunft entdeckt

  • Roman Goergen
  • Lesedauer: 2 Min.
Bioingenieure in einem kalifornischen Labor haben eine neue Methode entdeckt, mit der Ethanol aus Braunalgen gewonnen werden kann. Kritiker sehen jedoch noch Probleme.

Braunalgen sind in Europa den meisten bestenfalls als Beilage im Sushi-Restaurant ein Begriff. Doch das Gewächs aus dem Meer soll bald eine effizientere Option für alternative Kraftstoffe bieten. Das behauptet zumindest ein japanischer Bioingenieur aus Kalifornien. Die Grundidee ist nicht neu. Denn schon lange wecken Algen wegen ihres Gehalts an Zuckern und Fetten die Begehrlichkeiten der Treibstoffforscher. Verschiedene Zuckergruppen können mit Bakterien durch Fermentierung in Ethanol verwandelt werden, einen der derzeit wichtigsten Komponenten von Biotreibstoffen. Ausgangsmaterial sind dabei bislang überwiegend Agrarprodukte: Mais, Zuckerrohr und Zuckerrüben.

Trotz technischer Fortschritte muss zum Beispiel für Mais während Anbau und Ernte immer noch mehr Energie aufgewendet werden, als aus dem daraus erzeugten Ethanol gewonnen werden kann. Zudem werden alle derzeit relevanten Biotreibstoffe aus Nahrungspflanzen gewonnen, stehen also mit der Lebensmittelproduktion in Konkurrenz um Anbauflächen und Bewässerung. Kein Wunder also, dass Forscher bereits seit Jahrzehnten versuchen, sich Algen zunutze zu machen.

Das bis dato größte Hindernis für die Ethanolgewinnung aus dem Meer: Die in den Algen am stärksten vertretenen Kohlehydrate sind sogenannte Alginate, mit denen herkömmliche Fermentierungsmikroben ihre Probleme haben. Genau da gelang Yasuo Yoshikuni ein entscheidender Durchbruch. Wie seine Forschungsgruppe aus dem kalifornischen »Bio-Architektur Labor Berkeley« (BAL) im Fachjournal »Science« berichtete, ist sie jetzt in der Lage, Alginate mit Hilfe genetisch modifizierter Coli-Bakterien zu zersetzen.

Yoshikunis Erfolgsrezept: Er sah sich nach geeigneten Mikroben im Meer um. Das Bakterium »Vibrio splendidus« zersetzt Braunalgen schnell und effizient. Anschließend wurden die relevanten Gene dieses Bakteriums in das Erbgut der Coli-Bakterien eingeschleust. Auf Braunalgen losgelassen, erzeugen diese kleinen Frankenstein-Mikroben innerhalb von sechs Tagen im Bioreaktor etwa 4,7 Prozent Ethanol.

Nun müssen die Forscher den Beweis antreten, dass die Methode auch in einer kommerziell relevanten Größenordnung wirtschaftlich und umweltfreundlich funktioniert. Yoshikuni ist überzeugt, dass Braunalgen eine relevante Treibstoffquelle der Zukunft werden können, sollte das Projekt Erfolg haben: »Wenn wir hierfür nur drei Prozent der Küsten unserer Weltmeere nutzen würden, könnten wir damit rund fünf Prozent des Mineralöl-Konsums ersetzen.«

Kritiker verweist Yoshikuni auf die erfolgreichen kommerziellen Algenfarmen in Asien, wo jährlich rund 15 Millionen Tonnen Algen als Nahrungsmittel verarbeitet werden. Nun will er in Chile eine Fabrikanlage aufbauen, wo Algen mit Hilfe der genetisch modifizierten E.Coli-Stämme in größeren Mengen in Ethanol verwandelt werden sollen. »Wir glauben fest daran, dass Algen eine der umweltverträglichsten Energiequellen der Zukunft werden können«, sagt Yoshikuni. Seine Algentreibstofffabrik in Chile soll im Juli den Betrieb aufnehmen.

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